Die preisgekrönte Schauspielerin und Fotografin June Newton alias Alice Springs, Witwe des weltberühmten Fotografen Helmut Newton, ist am 9. April 2021 im Alter von 97 Jahren in ihrem Wohnort Monte Carlo gestorben. Der Verwaltungsrat und das gesamte Team der Helmut Newton Stiftung trauern um den Verlust eines großzügigen Menschen und einer Fotografin von internationalem Renommee.
Sie wurde 1923 im australischen Melbourne als June Browne geboren. Nach der Schulzeit folgten eine Ausbildung zur Schauspielerin und zahlreiche Engagements unter dem Pseudonym June Brunell. 1947 lernte sie Helmut Newton kennen, der gerade in Melbourne ein Fotostudio eingerichtet hatte, und heiratete ihn ein Jahr später. 1956 wurde sie mit dem australischen Erik Kuttner Award als beste Theaterschauspielerin ausgezeichnet. Im gleichen Jahr zogen die Newtons nach London, wo Helmut für die britische Vogue arbeitete; 1961 übersiedelten sie nach Paris, wo auf Helmut Newton eine Festanstellung bei der französischen Vogue wartete.
Ihre Schauspiel-Karriere konnte June Newton in Frankreich nicht fortsetzen, stattdessen begann sie 1970 selbst mit der Fotografie. Sie vertrat zunächst ihren kurzzeitig erkrankten Ehemann für eine Werbefoto-Shooting und startete gleich danach eine eigene Karriere unter dem Pseudonym Alice Springs. Anfang der 1970er-Jahre fotografierte sie mehrere Kampagnen für den französischen Haarstylisten Jean Louis David, die Aufnahmen wurden als ganzseitige Anzeigen in renommierten Modezeitschriften publiziert. Bereits 1974 war das erste Alice-Springs-Motiv auf dem Cover der französischen Elle zu sehen und später immer wieder auch im Editorial der Modezeitschriften Vogue, Marie Claire oder Nova.
In der Folgezeit vermittelte ihr José Alvarez, der damals in Paris eine Werbeagentur leitete, Aufträge für Werbeaufnahmen von pharmazeutischen Produkten. Und Alvarez, inzwischen Chef der „Éditions du Regard“, war es auch, der 1983 den ersten Porträtband von Alice Springs verlegte, denn ab Mitte der siebziger Jahre kamen zahlreiche Porträtaufträge von Zeitschriften wie Egoïste, Interview oder Vanity Fair hinzu. Die Liste der von Alice Springs porträtierten KünstlerInnen, SchauspielerInnen und MusikerInnen liest sich wie ein Who’s Who der internationalen Kulturszene aus den vergangenen vierzig Jahren diesseits und jenseits des Atlantiks. In ihren Werken dokumentierte Alice Springs nicht allein das Aussehen der Prominenten oder der namenlosen
Zeitgenossen, sondern fing deren Ausstrahlung, mitunter deren Aura ein. Zuweilen fasste sie die Porträtierten im engen Bildausschnitt als Brust- oder Dreiviertelporträt, etwa ihre Kollegen Richard Avedon, Brassaï und Ralph Gibson, aber auch andere Prominente aus dem Filmbusiness, darunter Nicole Kidman, Audrey Hepburn, Dennis Hopper, Billy Wilder oder Claude Chabrol. Obwohl sie mitunter näher heranging und spontaner auf überraschende Aufnahmesituationen reagierte als manch anderer Fotograf, ließ Alice Springs jedem und jeder Einzelnen seine respektive ihre Individualität. Dabei gelang es ihr immer wieder, dem allgemeingültigen und bekannten Bild ein möglichst klischeefreies, neues und ungewöhnliches Abbild hinzuzufügen.
1976 betreute sie als Art Director die Publikation White Women und in der Folge alle weiteren Bücher und Ausstellungskataloge von Helmut Newton. Zwei Jahre später wurden ihre eigenen Portraits erstmals in einer Einzelausstellung in Amsterdam präsentiert, der zahlreiche Ausstellungen weltweit folgten. 1981 verließen Helmut und June Newton Paris und siedelten nach Monaco über, die Wintermonate verbrachten sie seitdem regelmäßig im Chateau Marmont in Los Angeles, wo sie seitdem immer wieder auch die Hollywood-Prominenz trafen und porträtierten.
1995 entstand der Dokumentarvideofilm Helmut by June für den französischen Fernsehsender Canal Plus, und drei Jahre später der gemeinsame Bildband Us and Them, begleitet von einer Ausstellungstournee durch mehrere Länder. Es ist ein ungewöhnliches Projekt mit intimen Selbstporträts, gegenseitigen Porträts und Bildnissen zahlreicher Prominenter, jeweils als Diptychon angeordnet, in Gegenüberstellung der beiden Bildautoren Helmut und June Newton (a.k.a. Alice Springs).
2004 veröffentlichte sie ihre Autobiographie Mrs. Newton. Im gleichen Jahr starb ihr Ehemann Helmut, so dass sie neben dem Amt als Präsidentin der Helmut Newton Foundation von ihm auch die Aufgabe übernahm, den von den Newtons initiierten und größtenteils finanzierten Umbau des ehemaligen Offizierskasinos am Bahnhof Zoologischer Garten zu einem Fotografie-Museum zu vollenden. Mit der ihr eigenen Willenskraft stellte sie sich auch dieser Herausforderung, so dass im Sommer 2004 die Helmut Newton Foundation im Museum für Fotografie eröffnet werden konnte. June Newton wurde als Stiftungspräsidentin zur treibenden Kraft der Entwicklung des Ausstellungskonzeptes für die Helmut Newton Stiftung in den ersten Jahren. Entstanden in Kooperation mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, ist es eine weltweit einmalige Institution.
Zentraler Teil der Eröffnungsausstellung war Us and Them, ergänzt durch die letzten Porträts von Helmut Newton auf dem Sterbebett, aufgenommen in Los Angeles im Januar 2004. 2010 und 2016 widmeten sich zwei Ausstellungen auf der gesamten Wechselausstellungsfläche ihrem Schaffen. In der Zwischenzeit sind – neben dem kompletten Werk von Helmut Newton – auch alle Negative, Kontaktabzüge, die fotografischen Abzüge, Ausstellungsplakate und Publikationen von Alice Springs nach Berlin überführt worden und werden seitdem dort aufgearbeitet. Der Stiftungsdirektor Matthias Harder wird den 100. Geburtstag June Newtons im Juni 2023 zum Anlass nehmen, eine neue große Alice Springs-Retrospektive zusammenzustellen. Dass June Newton dies selbst nicht mehr begleiten und erleben kann, bedauert das ganze Team der Helmut Newton Stiftung zutiefst.
copyright -Text : Helmut Newton Foundation / Nadine Dinter
A propos Helmut Newton:
Blick auf den Monte Carlo Beach Hotel / Monte Carlo Beach Club mit der großen Poolanlage und Privatstrand – hier ging der berühmte Fotograf Helmut Newton , der ein begeisterter Schwimmer war , täglich seine 1000m schwimmen um sich fit zu halten.
Der Pool diente aber auch schon mal als Shootingkulisse – wie im Jahre 1987 ,als er die Schauspielerin und Ex Frau von Sylvester Stallone – Brigitte Nielsen für ein Buchprojekt im Badeanzug ablichtete.
Das Fünf Sterne Hotel gilt als sehr elitär – Zutritt zum Beach Club gab es nur als Hotelgast oder mit einer speziellen MItgliedschaft.
Der Monte Carlo Beach Club lag nicht weit entfernt von seiner Residence im „Parc Saint Roman Tower“, wo er zusammen mit seiner Frau June seit 1982 wohnte.