Pressestatement von Bundeskanzlerin Merkel zur Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes am 13. April 2021

41 Prozent der Bundesbürger meinen, dass Angela Merkel mit den gegenwärtigen Krisen besser fertig würde als der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz. Copyright: Mandoga Media

BK’in Merkel: Guten Tag, meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat in ihrer heutigen Kabinettssitzung den Entwurf eines Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite beschlossen. Das ist eine Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes, und diese Ergänzung ist nach meiner Überzeugung ein ebenso wichtiger wie auch dringender Beschluss darüber, wie es in der Coronapandemie weitergehen soll.

Diese Ergänzung heißt auf den wichtigsten Nenner gebracht: Wir setzen die Notbremse bundesweit um. Wo die Inzidenz über 100 liegt, sollen künftig bundeseinheitliche Regelungen gelten. Die Notbremse ist dann nicht mehr Auslegungssache, sondern sie greift automatisch. Die Unklarheiten, was in dem einen oder anderen Landkreis wann gilt oder was wann nicht gilt, sind dann vorbei. Dort, wo die Zahl der Infektionen stabil unterhalb der Inzidenz von 100 liegt, sind es weiterhin die Länder, die in ihren Verordnungen über Einschränkungen genauso wie über Lockerungen entscheiden.

Die bundeseinheitlich geltende Notbremse ist überfällig, denn – auch wenn es schwerfällt, das auch heute wieder zu hören – die Lage ist ernst, und wir alle müssen sie auch ernst nehmen. Die dritte Welle der Pandemie hat unser Land fest im Griff – das sagen die täglichen Infektionszahlen des Robert-Koch-Instituts, das sagt die Entwicklung des R-Wertes und das sagen vor allem die Zahlen der belegten Intensivbetten.

Ich habe von Beginn an immer gesagt: Wenn wir warten würden, bis alle Intensivbetten belegt sind, dann wäre es zu spät. Das dürfen wir nicht zulassen, und wir dürfen auch die Hilferufe der Intensivmediziner nicht überhören. Wir dürfen die Ärzte und Pfleger, die seit über einem Jahr in den Krankenhäusern alles geben, um sich gegen die erste, gegen die zweite und jetzt auch gegen die dritte Welle zu stemmen, mit dieser Herkulesaufgabe nicht alleinlassen, wir dürfen sie nicht im Stich lassen, wir müssen ihnen helfen. Denn ohne unsere Unterstützung, die Unterstützung von Staat, Politik und allen Bürgerinnen und Bürgern, können sie den Kampf gegen das Virus auch mit bester medizinischer Kunst und dem aufopferungsvollen Einsatz nicht gewinnen. Sie brauchen uns.

Damit das besser wird, damit wir die dritte Welle bremsen, damit wir sie brechen, damit wir sie umkehren, reichen die bisherigen Bund-Länder-Beratungen alleine nicht mehr aus, sondern muss unsere Pandemiebekämpfung stringenter, konsequenter werden. Wir müssen die dritte Welle der Pandemie bremsen und den rapiden Anstieg der Infektionen stoppen. Außerdem verstehen die Bürgerinnen und Bürger regionale Unterschiede sehr wohl, aber sie erwarten Nachvollziehbarkeit und Klarheit. Deshalb – davon bin ich überzeugt – ist es im Wortsinne notwendig, unsere Zusammenarbeit auf neue Füße zu stellen. Genau das geschieht mit dem heute eingeleiteten Gesetzgebungsverfahren.

Ich bin mir sehr bewusst, dass es harte Einschränkungen sind, die das neue Infektionsschutzgesetz insbesondere für Kreise oberhalb der Inzidenz von 100 vorsieht. Kontaktbeschränkungen, Schließungen von Geschäften, Kultur- und Sporteinrichtungen, nächtliche Ausgangssperren, alle diese Maßnahmen, im Übrigen auch ein heute beschlossenes verpflichtendes Testangebot der Arbeitgeber für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dienen einem einzigen Ziel, dem Ziel, unser ganzes Land aus der Phase der stetig steigenden Infektionszahlen, der sich füllenden Intensivstationen und der bestürzend hohen täglichen Zahl der Coronatoten herauszuführen. Wir haben es ja schon einmal geschafft, durch konsequentes Handeln die Zahl der Ansteckungen wieder auf ein kontrollierbares Maß zu reduzieren. Dies kann und wird uns auch wieder gelingen.

Eines hilft uns dabei natürlich enorm. Während wir uns noch einmal auf diese Entbehrungen und Freiheitsbeschränkungen einstellen, läuft ja die Impfkampagne, und sie läuft jeden Tag besser. Tag für Tag werden Hunderttausende mit dem besten Schutz gegen die Krankheit versehen. Seitdem die Hausärzte einbezogen sind – auch die Betriebsärzte werden noch hinzukommen -, gehen wir dem Licht am Ende dieses Tunnels mit immer größeren Schritten entgegen.

Daher möchte ich auch heute den Bürgerinnen und Bürgern für ihre Geduld, ihre Einsicht, ihre Fürsorge für andere und dafür, dass unser ganzes Land auch nach dieser langen Zeit gut durch die Krise kommt, danken.

Wir werden den heutigen Beschluss nun den Fraktionen von CDU/CSU und SPD als sogenannte Formulierungshilfe zur Verfügung stellen. Ich danke auch den Kolleginnen und Kollegen der Opposition für ihre kritisch-konstruktive Mitarbeit und freue mich auf gute und zügige Beratungen im Deutschen Bundestag, damit uns dieses wichtige Gesetz sehr bald schon helfen kann, die Pandemie zu besiegen.

Herzlichen Dank.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, Sie haben die Lage auf den Intensivstationen und auch den jetzigen Fahrplan angesprochen. Nun heißt es, eine Fraktion sei gegen die Fristverkürzung im Bundestag und im Verfahren.

Kommt es angesichts der dramatischen Situation, die Sie geschildert haben, nicht zu spät für die Notbremse, wenn der Bundesrat möglicherweise erst Ende nächster Woche abstimmen wird und die zweite und dritte Lesung auch nächste Woche sein werden?

Geht es dabei auch schon sehr viel um Wahlkampf?

BK’in Merkel: Nein, ich denke, es gibt sehr konstruktive Debatten unter den Fraktionen. Sie wissen, dass man für Beschleunigungen Zweidrittelmehrheiten im Verfahren braucht. Die Geschäftsführer werden jetzt darüber beraten. Aus meiner Perspektive kann ich nur sagen, dass es natürlich umso besser ist, je schneller es geht, sowohl im Bundestag als auch dann im Bundesrat.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, Sie wollten sich ja eigentlich auch als CDU-Politikerin aus der Suche Ihres Nachfolgers heraushalten. Jetzt stehen Sie zwischen Herrn Laschet und Herrn Söder.

Fürchten Sie, dass dieser anhaltende Wettkampf am Ende dazu führen könnte, dass die Union wirklich Schaden nimmt und am Ende das Kanzleramt verlorengehen könnte?

BK’in Merkel: Sie haben es ja schon richtig gesagt. Ich wollte, will und werde mich heraushalten.

Danke schön.