Handelskammer beider Basel: Baustatik der Wirtschaft gestalten

Rund 900 Gäste aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Diplomatie trafen sich an der Generalversammlung der Handelskammer beider Basel. Im Zentrum standen jene Faktoren, die das Tragwerk der Wirtschaft im Gleichgewicht halten und in stürmischen Zeiten stabilisieren. Gastredner Bundesrat Albert Rösti legte den Fokus auf die Infrastrukturen.

Gastredner Bundesrat Albert Rösti diskutierte lebhaft mit Elisabeth Schneider-Schneiter, Präsidentin Handelskammer beider Basel. Copyright: Mandoga Media

Infrastrukturen als stabiles Fundament

Elisabeth Schneider-Schneiter fokussierte in ihrer Ansprache auf die Baustatik der Wirtschaft – also auf jene Faktoren, die das Tragwerk der Wirtschaft im Gleichgewicht halten und in stürmischen Zeiten stabilisieren. Als zentrales Element nannte sie technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Einrichtungen, Bauten und Dienstleistungen, die das Funktionieren einer Wirtschaftsregion oder eines Landes sicherstellen. Kurz: Infrastrukturen, wie die Gesundheitsversorgung, Verkehrs- und Energieinfrastrukturen, die Logistik oder die Bildung.

Freihandel als tragende Säule

Neben diesen ruhenden Elementen wirken dynamische Kräfte auf das wirtschaftliche Tragwerk ein. Als Beispiel nannte Schneider-Schneider den Zoll-Tsunami aus den USA. Das wirksamste Gegenmomentum: der Freihandel. «Eine tragende Säule bilden Vereinbarungen», verwies Schneider-Schneiter auf die Bedeutung des bilateralen Wegs. So wird jedes zweite in der Region Basel produzierte Produkt in die EU exportiert. «Die Bilateralen III bieten die Chance, unsere Partnerschaft mit der EU wieder auf ein stabiles und zukunftsfähiges Fundament zu stellen. Wer jetzt zaudert oder parteitaktisch laviert, gefährdet nicht nur das Verhältnis zur EU, sondern auch den Werkplatz Schweiz, unsere Innovationskraft und den Zugang zu den wichtigsten Märkten», so Schneider-Schneiter.

Innovationskraft als Kernparameter

Als Kernparameter in der statischen Gleichung bezeichnete Schneider-Schneiter die Innovationskraft der Region Basel. Zwar ist sie im Quantencomputing, bei den Life Sciences, in der multimodalen Logistik oder in der Mikrotechnik ganz vorne dabei. Es geht aber nicht nur darum, das Potenzial von innovativen Technologien zu nutzen, so die Präsidentin: «Entscheidend für die internationale Innovations- und damit Wettbewerbsfähigkeit ist auch, innenpolitisch die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen und aussenpolitisch die erforderlichen Gespräche zu führen und positive Impulse von anderen innovativen Ländern in unsere Forschungsstrategie einfliessen zu lassen.» Mit der KI-Plattform der Wirtschaft fördert die Initiative «be-digital basel» der Handelskammer zudem das digitale Unternehmertum und bietet konkrete Unterstützung – von Seminaren über KI-Discovery-Sessions bis hin zum vergünstigten Mitglieder-Zugang auf den KI-Supercomputer.

Direkte Demokratie als Stabilisator

Als eines der ausgleichenden Grundprinzipien der Schweiz hielt Schneider-Schneiter die direkte Demokratie hoch und mahnte der direktdemokratischen Balance Sorge zu tragen: «Sie bindet uns in den politischen Diskurs ein, lässt uns das Umfeld mitgestalten, trägt zu unserer Eigenverantwortung bei, fördert unseren Gestaltungswillen und stellt gesellschaftliche Ausgewogenheit her. Kurz: Die direkte Demokratie balanciert politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Kräfte aus. Dass Polarisierung und Autokratie das Gegenteil bewirken, erleben wir gerade jeden Tag.»

Verlässliches Tragwerk gestalten

Um den Wirtschaftsstandort weiterzuentwickeln, versteht sich die Handelskammer als Baustatikerin der Wirtschaft. Zum Beispiel bei den Verkehrsinfrastrukturen. Hier ist die Statik unausgewogen – aufgrund negativer Volksentscheide, zu hoher Kosten oder unkoordinierter Planungsprozesse. «Projekte, die für die Wirtschaft prioritär sind, wollen wir deshalb mit unserer Perspektive «Verkehr Basel’45» wieder ins Rollen bringen», konkretisierte Handelskammer-Direktor Martin Dätwyler: «Zentral sind für uns die Ertüchtigung Basel SBB, ein neuer Tiefbahnhof und der Ausbau Fricktal im STEP Bahn 2026. Zudem wollen wir den Rheintunnel mit einer Standes-Initiative «Rheintunnel plus» wieder aufnehmen. Aber auch Trams, Velo und Terminals haben es auf die Prioritätenliste geschafft. Unser Ziel ist deblockieren.»

Als weiteres Beispiel nannte Dätwyler die OECD- Mindestgewinnsteuer: «Wir diskutierten die komplexe Besteuerung mit den Unternehmen, formulierten eine fundierte Position dazu und brachten diese erfolgreich zusammen mit den Unternehmen im Hearing der Wirtschafts- und Abgabenkommission ein.» Resultat war ein breit abgestützter Kompromiss, das Basler Standortpaket, das gestern mit einem JA von der Stimmbevölkerung angenommen wurde.

«Sei es auf kommunaler, bikantonaler, nationaler oder trinationaler Ebene. Wir berechnen die Auswirkungen der Kräfte im Bauwerk Wirtschaft laufend neu – mit dem Ziel, gemeinsam mit Ihnen ein verlässliches Tragwerk für die Wirtschaft zu gestalten», betonte Schneider-Schneiter abschliessend.