Film- und Medienstiftung NRW vergibt 518.500 Euro für 14 Low Budget-Projekte

Prominente und Schauspieler*innen freuen sich auf einen Neustart des Filmballs in 2024. Symbolbild Copyright: Mandoga Media

Die Förderung geht an drei Spielfilme, zwei Dokumentarfilme, zwei Kurz-, einen Animations- und einen Experimentalfilm sowie zwei Drehbücher, zwei Projektvorbereitungen und eine Postproduktion.

Spielfilm

„Die tollen Menschen“, Produktion: Fortis Fem Film, Buch und Regie: Anna Kruglova,
Förderung: 85.000 Euro
Die Stadt X. erlebt schwierige Zeiten: wegen der neu gebauten Autobahn versinkt sie in Prostitution. Eine Gynäkologin führt eine illegale Abtreibung durch – die Patientin behauptet, den Antichrist im Leib zu tragen – und nimmt den Embryo mit nach Hause. Was geht vor sich in dieser Stadt? Ist es ein Triumph des Bösen oder das Gegenteil? Die Kölner Fortis Fem Film, die 2019 Mediengründerzentrums-Stipendiatin war, will die Präsenz von Frauen im Filmgeschäft stärken. Mitgründerin Anna Kruglova studierte an der KHM.

„Cidade, Campo“, Produktion: Sutor Kolonko, Buch und Regie: Juliana Rojas,
Förderung: 60.000 Euro
Zwei Migrationsgeschichten zwischen der städtischen und der ländlichen Welt. Joana wandert aus nach São Paulo zu ihrer Schwester und deren Enkel und entdeckt die prekäre Arbeitswelt der Großstadt. Das Paar Flávia und Mara zieht aufs Land und muss sich den Frustrationen und Geistern der Vergangenheit stellen. Die brasilianische Autorin und Regisseurin Juliana Rojas wurde bereits mehrfach in Cannes für ihre Arbeiten ausgezeichnet. Die Kölner Sutor Kolonko ist deutscher Partner der internationalen Koproduktion.

„Evolution“, Produktion: Match Factory Productions, Buch: Kata Weber, Regie: Kornél Mundruczó, Förderung: 50.000 Euro
Großmutter, Mutter und Sohn, gleichzeitig Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Eine Geschichte, die tief in die psychologischen Untiefen des Holocaust, des Traumas, der persönlichen Identifikation und schlussendlich des wachsenden Antisemitismus in einer scheinbar liberalen Gesellschaft eindringt. Cannes-Teilnehmer Kornél Mundruczó arbeitet wieder mit der Kölner Match Factory Productions als deutschem Partner zusammen.

Dokumentarfilm

„Rotkehlchen – Die Kinder aus Korntal“, Produktion: Bildersturm Filmproduktion,
Buch und Regie: Julia Charakter, Förderung: 75.000 Euro
Das schwäbische Korntal ist der Tatort des bisher größten Kindesmissbrauchs-Skandals der evangelischen Kirche: 109 Opfer und 81 Täter. Mindestens 10 Kinder nahmen sich das Leben. Ein einfühlsamer Dokumentarfilm hinter den verschlossenen Mauern, Sittengemälde und gleichzeitig Portrait einer deutschen Kleinstadt. Regisseurin Julia Charakter absolvierte ihr Studium sowie die Masterclass Non-Fiction an der ifs.

„Rekapitulation“, Produktion, Buch und Regie: Andres Rump, Förderung: 60.000 Euro
Das bedrängende Gefühl der Angst ist eine existenzielle Erfahrung. Nach der eigenen Erfahrung einer Panikattacke unternimmt der Aachener Filmemacher Andres Rump eine Suche nach den Hintergründen seiner Angsterkrankung. Durch die Beschäftigung mit seiner Angst erfährt er von Ängsten seiner Freunde, Verwandten und Vorfahren. Eine persönliche Auseinandersetzung, die Zusammenhänge klären will. Rump studierte u.a. an der FH Dortmund.

Kurzfilm

„Maskenball“, Produktion: tvist Maas Züger, Buch: Sebastian Züger, Samy Challah, Regie: Samy Challah, Förderung: 25.000 Euro
Die Familie feiert die Goldene Hochzeit der Eltern. Doch dann eskaliert der Streit zwischen den Söhnen des Jubelpaares – dem pflichtbewussten, aber humorlosen Kurt und dem sympathischen, aber verantwortungslosen Billy. Schuld an allem ist ein Virus, das angeblich Menschen in Tiere verwandelt. Wer dem Schicksal entkommen will, soll Abstand halten und Maske tragen. Doch wo bleiben unter solchen Restriktionen Zwischenmenschlichkeit, Mitgefühl und Wärme? Die Kölner Autoren entwickeln die Figuren des Improfilms gemeinsam mit ihren Schauspieler*innen. Die Produktion tvist ist aktueller Stipendiat des Mediengründerzentrums.

„Muharrem, der Freund“, Produktion: Art Records, Buch und Regie: Orkan Bayram,
Förderung: 25.000 Euro
Der Dokumentarfilm erforscht den Charakter des 75jährigen Schauspielers Muharrem, der ein Leben, in dem er hundert Rollen hätte spielen können, für eine einzige Rolle aufgab. Seine Erinnerungen an Krieg, Kampf und Widerstand tauchen auf der Bühne auf, aber sie sind nicht greifbar. Der Regisseur Orkan Bayram und die Kölner Art Records arbeiten bei diesem Projekt zusammen.

Kurz-Animation/Experimentalfilm

„Fallen“, Buch: Ivan Morales Jr., Förderung: 25.000 Euro
Nach einem Unfall muss ein Mann mit Einschränkungen leben. Sein Alltag ist geprägt von Isolation und mühsamer Regeneration. Ein Selbst- und Gesellschaftsportrait, ein Animationsfilm über eine individuelle und kollektive Erfahrung. Der deutsch-brasilianische Künstler Ivan Morales Jr. studierte an der KHM und lebt seitdem in Köln.

„…und der Sünder bereut“, Buch: Marion Kellmann, Förderung: 25.000 Euro
Einen ganz besonderen Heimatfilm als experimenteller Found Footage Film montiert die Kölner Filmemacherin Marion Kellmann. Ein Film über Klischee, Moral und Manipulation. Für den Film seziert sie Heimatfilme und verknüpft sie in einer pleonastischen Montage ähnlicher Szenen neu. Durch die Wiederholung der ähnlichen Szenen verdichtet sich die Thematik und der Kompilationsfilm macht so die Manipulation sichtbar. Kellmann studierte u.a. an der KHM.

Postproduktionsförderung

„Tarantism Revisited“, Buch und Regie: Anja Dreschke und Michaela Schäuble,
Förderung: 19.000 Euro
Ein essayistischer Film über den süditalienischen Tarantismus. Einst als „Tanzwut“ oder „Choreomanie“ bezeichnet, waren die Betroffenen meist Frauen, deren Anfälle und Ekstasen auf den Biss einer Giftspinne zurückgeführt wurden. Die Regisseurinnen kombinieren Briefe einer Betroffenen aus den 1950er Jahren und audiovisuelles Archivmaterial mit einer Spurensuche nach den heutigen Varianten, Erklärungen und Aufführungen des Tarantismus in Apulien. Anja Dreschke studierte u.a. an der KHM.

Drehbuchförderung

„Retreat“, Buch: Alisa Berger, Förderung: 10.000 Euro
Ein Haufen spätpubertierender weiblicher Instagram-Stars mit gebrochenen Herzen und Egos landen in einem strengen, in der Natur abgeschiedenen Retreat-Zentrum, wo sie nicht nur ihrer Handys, sondern nach und nach auch ihrer Privatsphäre beraubt werden. Anfangs bekriegen sich die Mädchen, bis seltsame Vorfälle im Zentrum sie misstrauisch machen und sie versuchen, sich zu verbünden. Alisa Berger, KHM-Absolventin, ist ebenfalls Mitgründerin der Kölner Produktionsfirma Fortis Fem Film.

„Zeit der Glocken“, Buch: Katharina Huber, Förderung: 10.000 Euro
Nach einer beruflichen Niederlage beschließt Serafima eine Auszeit zu nehmen. Da völlige Untätigkeit für sie unerträglich ist, beginnt sie die Geschichte von Luci und Theo und der Glocken-Aktion niederzuschreiben, bei der die Erdatmosphäre in Lärm verwandelt werden soll. KHM-Absolventin Katharina Huber wurde 2020 für ihren filmstiftungsgeförderten Animationsfilm „Der natürliche Tod der Maus“ mit dem deutschen Kurzfilmpreis in der Kategorie Animation ausgezeichnet.

Projektvorbereitungsförderung

„Vom Wandeln im Wald“, Buch und Regie: Laurentia Genske und Elí Roland Sachs,
Förderung: 25.000 Euro
Ein episches Jahr in einem symbolischen Wald. Anhand von sieben Episoden erzählt der Dokumentarfilm von dem durch den Menschen strapazierten deutschen Wald und begleitet durch vier Jahreszeiten Charaktere, die in einer besonderen Verbindung zum Wald stehen. Genske und Sachs studierten beide an der KHM.

„Vom Schatten schwärmen“, Buch und Regie: Greta-Marie Becker, Förderung: 24.500 Euro
Germaine Acogny ist nicht nur die „Mother of African Contemporary Dance“, sondern zugleich eine der wichtigsten intellektuellen Stimmen Afrikas. Der Dokumentarfilm portraitiert die senegalesische Choreografin, die durch die Verbindung aus traditionellen westafrikanischen Tänzen und zeitgenössischen Bewegungen der westlichen Welt zur tanzenden Ikone eines ganzen Kontinents wurde. Becker schloss ihr Studium an der KHM im vergangenen Jahr ab und bereitet nun ihren Debütfilm vor.

Als Jury für die Förderentscheidungen im Bereich Produktion benannte das Filmbüro NW die Dokumentarfilmregisseurin Carolin Genreith, den Spielfilmregisseur Visar Morina sowie den Produzenten Georg Tschurtschenthaler.