Weltspiegel – Auslandskorrespondenten berichten am Sonntag, 28. Februar 2021, um 19:20 Uhr vom WDR im Ersten

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Italien/Estland/Ägypten: Schule im Corona-Alltag
Während hierzulande langsam der Präsenzunterricht in Grundschulen wieder hochgefahren wird, blickt der „Weltspiegel“ in die Welt: Vor welchen Herausforderungen stehen andere Länder rund um den Globus? In Ägypten beispielsweise greift die zwölfjährige Reem im Dorf Etmida im Nildelta zur analogen Tafel und unterrichtet im Hinterhof Grundschüler. Internet gibt es hier auf dem Land nicht. In Italien gelten Tausende Schülerinnen und Schüler als gefährdet, die Schule zu schmeißen. Monatelang gab es keinen Präsenzunterricht, Homeschooling funktioniert bei vielen eher schlecht als recht. Und die Aussichten auf einen Job sind für Jugendliche in Italien im europäischen Vergleich trübe. Wie Homeschooling gut funktionieren kann, zeigt Estland. Digital ist das EU-Land schon seit Jahren Spitze. Innerhalb weniger Stunden können die Schulen vom Digitalunterricht auf den Präsenzunterricht umstellen und umgekehrt.
Autoren: Alexander Stenzel/ Anja Miller / Christian Blenker / Philipp Wundersee

England: Eine tierische Videokonferenz
Wenn im Zoom-Meeting plötzlich eine Ziege unter den Teilnehmern auftaucht, steckt mit ziemlicher Sicherheit Dot McCarthy dahinter. Der Farmerin aus dem englischen Lancashire brachen während der Pandemie die Einkünfte weg. Aus der Not bot sie ihre Ziegen für Video-Konferenzen an. Mittlerweile mischen „Elizabeth“, „Marge“ oder „Sebastian“ aus ihrem kleinen Stall überall auf der Welt virtuelle Konferenzen auf. Oder auch Video-Telefonate von Familien. Die Ziegen treffen einen Nerv. Ein seltener Kontakt zur Außenwelt.
Autor: Sven Lohmann / ARD Studio London

Sudan: Hoffen auf Hilfe
Von Vertreibung, Hinrichtungen und Folter berichten Geflüchtete aus Tigray/Äthiopien. Dort kämpfen seit November äthiopische Einheiten mit verbündeten Milizen gegen die Regionalregierung. Die Provinz ist seither von der Außenwelt abgeschnitten. Mehr als 60.000 Menschen sind in den benachbarten Sudan geflohen. Tausende haben im Grenzort Hamdayet eine Bleibe gefunden. Gefechte und Scharmützel hielten in ihrer Heimat weiter an, erzählen Augenzeugen, die erst jetzt fliehen konnten. Zivilisten seien ausgeraubt und wahllos ermordet worden. Schwer traumatisiert und erschöpft leben die Flüchtlinge in Hamdayet nun unter erbärmlichen Bedingungen. Es fehlen Trinkwasser, Nahrung, Medikamente. Viele Kinder sind unterernährt. Krankheiten grassieren. Familien müssen in der Hitze stundenlang für Hilfspakete anstehen und die Regensaison steht vor der Tür.
Autor: Daniel Hechler / ARD Studio Kairo

USA: Black Lives Matter – Proteste und die Folgen
Im vergangenen Jahr kam der Afroamerikaner George Floyd während eines Polizeieinsatzes zu Tode. Es folgten weltweit Black Lives Matter-Proteste, die sich gegen Polizeigewalt und Rassismus richteten. Während dieser BLM-Proteste war die New Yorker Südbronx Schauplatz eines Polizeieinsatzes mit mehreren Verletzten. Ein junger schwarzer Anwalt, der als Rechtsbeistand bei der Demo war, wurde verhaftet. Diese Ereignisse aus der Südbronx werden jetzt juristisch aufgearbeitet. Die Polizei hat sich bis heute nicht entschuldigt, sagen Betroffene. Das Verhältnis zwischen der schwarzen Bevölkerung und der NYPD ist bis heute angespannt. Und wie denken die Betroffenen über die Proteste damals und die Bewegung Black Lives Matter heute?
Autorin: Christiane Meier / ARD Studio New York

Bolivien: Die Quinoa-Könige
Es gibt nicht viele Erfolgsgeschichten im kargen Andenhochland Boliviens, aber diese hier ist einzigartig: Jorge Apaza hatte vor zehn Jahren eine kleine Gruppe Kleinbauern um sich versammelt, um gemeinsam das „Superfood“ Quinoa anzubauen und besser zu vermarkten. Mittlerweile sind 5.000 Familien in der Genossenschaft organisiert und gehören zu den größten Exporteuren des Landes – auch nach Europa. Kekse, Kuchen, Müsli und Nudeln – mehr als 40 Quinoa-Produkte bieten die früher bettelarmen Bauern heute an. Jorge und die anderen setzten auf Qualität. Ihr „Quinoa Real“ – das „königliche Quinoa“ – wird seit 7.000 Jahren angepflanzt, ist extrem nährstoffreich und besitzt Bio- und Fair-Trade-Zertifikate. So konnten sie höhere Preise verlangen für ihr Superfood. Doch auch der Klimawandel macht den Quinoa-Produzenten zu schaffen. Weniger Niederschläge, öfter Hagel sowie Wind und höhere Sonneneinstrahlung erschweren den Anbau. Eigens dafür hat Jorge ein Forschungszentrum aufgebaut, durch das die Bauern nun mit widerstandsfähigem Saatgut die Klimafolgen verringern können – und das Quinoa so erfolgreich wie noch nie verkaufen.
Autor: Matthias Ebert / ARD Studio Rio de Janeiro

Türkei: Boxen gegen Parkinson
Vor neun Jahren geht die Belgierin Nancy van der Straeten, heute 74 Jahre alt, zum Arzt und muss erfahren, dass sie an Parkinson erkrankt ist. Damals spürt sie die Symptome der Krankheit kaum. Doch mit der Zeit kommt das Muskelzittern und die Steifheit. Das Leben wird für die seit 40 Jahren in der Türkei lebende Frau immer beschwerlicher. Vor vier Jahren sieht sie ein Video im Internet. Boxen sei gut, um der Parkinson-Krankheit entgegenzuwirken, heißt es dort. Nancy, die damals kaum noch aufrecht laufen kann, geht zu einer Box-Schule in Antalya. Sie hat Glück. Der türkische Trainer willigt ein. Inzwischen trainiert sie drei Mal die Woche und rät anderen Parkinson-Erkrankten: Ab in den Ring!
Autor: Oliver Mayer-Rüth / ARD Studio Istanbul