Regierungspressekonferenz vom 1. März 2021

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Themen: Entwicklungen in Myanmar nach dem Militärputsch, COVID-19-Pandemie (Sitzung des Coronakabinetts, Impfstrategie, Zulassung des Impfstoffs von Johnson & Johnson, Debatte um mögliche Lockerungen, Impfstoff von AstraZeneca, mögliche Lockerungen bereits oberhalb einer Inzidenz von 50 positiv Getesteten auf 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen, Ankündigung des Chef des Bundeskanzleramtes im Zusammenhang mit zwei kostenlosen Schnelltests, Teststrategie des Bundes, Forderung nach einer Impfung der Bundeskanzlerin mit dem Impfstoff von AstraZeneca, Verknüpfung der Corona-Warn-App mit anderen Apps, Grenzkontrollen, innerdeutsche Virusvariantengebiete, „Impfluencer“-Kampagne, Gespräch der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, Zahl der Neuinfektionen, Zeitungsanzeigen der Bundesregierung), Staatsbürgerschaft von Julija Nawalnaja, in Hamburg gestrandete Seeleute aus Kiribati, Bericht des US-Geheimdienstes zur Ermordung von Jamal Khashoggi, Luftangriffe der USA in Syrien, Zusatzmittel für Projekte gegen Rechtsextremismus, Amnestieaktion des KSK für unterschlagene Munition, Debatte über ein Corona-Strategiepapier des Bundesinnenministeriums, Berichterstattung über ein privates Abendessen des Bundesgesundheitsminister mit Unternehmern in Leipzig, Lieferkettengesetz, Seenotrettung auf dem Mittelmeer

Sprecher: StS Seibert, Burger (AA), Gülde (BMG), Baron (BMWi), Lammert (BMI), Podstawski (BMF), Helmbold (BMVg)

Vorsitzende Wolf eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Einen schönen guten Tag auch von mir, meine Damen und Herren! Ich will tatsächlich für die Bundesregierung zu den Entwicklungen in Myanmar nach dem Militärputsch Stellung nehmen. Die jüngste Entwicklung dort ist bestürzend. Das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte – der Einsatz von scharfer Munition gegen friedliche Demonstranten – hat bereits zu mehreren Toten aufseiten der Demonstranten und zu zahlreichen Verletzungen geführt. Solch tödliche Gewalt gegen friedliche Demonstranten ist durch nichts zu rechtfertigen. Die Bundesregierung verurteilt das auf das Schärfste. In ähnlichem Sinne haben sich ja auch der Hohe Vertreter der Europäischen Union, Josep Borell, und UN-Generalsekretär Guterres geäußert.

Die Bundesregierung fordert das Militär und die Polizeikräfte in Myanmar auf, diese Gewalt gegen Demonstranten zu beenden und äußerste Zurückhaltung zu üben. Die Menschenrechte und das Völkerrecht müssen geachtet werden. Wir fordern das Militär auf, im Rahmen eines Dialogs die Rückkehr zum Demokratisierungsprozess zuzulassen. Die festgenommenen Spitzenpolitiker – darunter San Suu Kyi, aber auch Staatspräsident Win Myint – müssen umgehend freigelassen werden. Rechtsstaatliche Prinzipien sind zu respektieren. Die gewählte Zivilregierung muss wieder eingesetzt werden, damit eine Rückkehr zur demokratischen Ordnung möglich ist.

Burger: Ich darf noch zwei Elemente beitragen, zum einen die Information, dass die Position, die Herr Seibert gerade vorgetragen hat, gegenüber dem Militär von Myanmar von unserer Seite auch dadurch zum Ausdruck gebracht wird, dass das Auswärtige Amt für heute die Botschafterin Myanmars einbestellt hat.

Zum anderen möchte ich für die Bundesregierung erklären, dass wir den regionalen Dialogansatz der Regionalorganisation ASEAN, um nach Auswegen aus der Krise zu suchen, unterstützen. In diesem Zusammenhang begrüßen wir insbesondere das für morgen geplante Treffen der ASEAN-Außenminister zu Myanmar. Wir rufen das myanmarische Militär auf, diese Chance zu nutzen, um eine dialoggestützte politische Lösung der Krise in Myanmar einzuleiten.

Frage: Das ist eigentlich die klassische Frage nach Sanktionen, sowohl an Herrn Seibert als auch an Herrn Burger. Kritik an dem Vorgehen der Militärs hat es ja vorher schon gegeben. Offenbar hat sich das Militär davon aber bisher noch nicht wirklich beeindrucken lassen. Warum sollte das diesmal der Fall sein?

Burger: Sie haben es mitbekommen: Heute vor einer Woche beim Treffen der EU-Außenminister gab es die Verständigung auf ein gemeinsames Vorgehen der EU. Dazu gehört auch, die Verhängung neuer Sanktionen vorzubereiten. Nach der brutalen Repression der letzten Tage stellt sich die Frage nach zusätzlichen Sanktionen umso dringlicher. Das hat der EU-Außenbeauftragte Borell in seiner gestrigen Stellungnahme bereits unterstrichen, und das unterstützen wir ausdrücklich.

Zusatzfrage: Was für eine Art von Sanktionen kann sich die Bundesregierung als zusätzliche Maßnahme vorstellen?

Burger: Ich kann darauf verweisen, dass vonseiten der EU ja bereits Sanktionen gegenüber Myanmar bestehen, zum einen das Waffenembargo, das noch aus dem Jahr 1996 stammt. Außerdem hat die EU 2018 im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen die Rohingya bereits gegen 14 Militärs Einreiseverbote in die EU erlassen und ihre Vermögenswerte eingefroren. Bezüglich möglicher zusätzlicher Maßnahmen möchte ich den weiteren Beratungen in der EU jetzt aber nicht vorgreifen.

StS Seibert: Heute hat es wieder eine Beratungssitzung des Coronakabinetts gegeben, im Wesentlichen natürlich zur Vorbereitung der Beratungen am Mittwoch zwischen der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs und -chefinnen der Bundesländer.

Wie beim Coronakabinett üblich ging es zunächst einmal um die aktuelle Infektionslage. Wir kennen die Zahlen. Hier wurde das ja am Freitag vom Präsidenten des Robert-Koch-Instituts und vom Bundesgesundheitsminister auch dargestellt. Ich mache es knapp. Wir haben seit einigen Tagen eine steigende Tendenz. Heute liegt sie bei knapp 66. Aber es gibt regional erhebliche Unterschiede. Einige wenige Kreise haben eine Inzidenz von über 250. Das sind laut RKI-Dashboard heute vier. Andere – das sind laut diesem Dashboard heute 14 – haben eine Inzidenz von unter 25. Das zeigt Ihnen also die Spannbreite.

Die Zahl der Menschen, die intensivmedizinisch behandelt werden müssen, geht in der Tendenz weiter zurück. Das ist eine sehr gute Nachricht. Zurzeit sind das gut 2800 Coronapatienten in der Intensivmedizin. Zur Erinnerung: Mitte Januar lag die Zahl bei etwa 5700, also gut dem Doppelten.

Eine gute Nachricht ist auch, dass der Inzidenzwert bei den über 80-Jährigen weiter zurückgeht. Darauf hatte Prof. Wieler hier am Freitag ja auch hingewiesen. Das sind also erste Effekte der Strategie, diejenigen zuerst zu impfen, die ein besonders hohes Risiko für einen schweren oder gar tödlichen Verlauf von COVID-19 haben.

Gleichzeitig steigt der Anteil der deutlich infektiöseren Coronavirusmutationen hier in Deutschland weiter deutlich, vor allem der Variante, die zuerst in Großbritannien nachgewiesen wurde, also B.1.1.7. Nach Meinung aller Experten wird dieser Anteil der Mutation auch weiter zunehmen.

Wir sind also jetzt – vielleicht kann man es so sagen – in einer Phase der Hoffnungen, Gott sei Dank. Aber es kann und darf nicht eine Phase der Sorglosigkeit sein. Hoffnungen macht die Imagekampagne, die jetzt Woche für Woche mehr Schwung bekommt und mehr Menschen erfassen wird. Hoffnungen machen natürlich auch die Tests, wenn sie in absehbarer Zeit als wertvolles Mittel in der Pandemie massenhaft zur Verfügung stehen werden. Hoffnung macht, dass wir es gemeinsam geschafft haben, dass unser Gesundheitssystem derzeit nicht überlastet ist; ich habe die sinkende Zahl der Corona-Intensivpatienten gerade genannt. Hoffnung macht außerdem und sowieso der kommende Frühling.

Aber deswegen müssen wir uns trotzdem den Realitäten stellen. Wir sind wie gesagt wieder in einer Phase zunehmender Infektionszahlen. Noch ist es eine leichte Zunahme. Alle unsere Anstrengungen sollten darauf gerichtet sein, dass es keine steilere Zunahme wird. Zu den Realitäten gehört eben auch, dass wir die Voraussetzungen für den massenhaften Einsatz von Selbsttests noch schaffen müssen, dass die Produktion erst groß genug werden muss.

Also heißt es, mit den Hoffnungen umsichtig umzugehen und so zu handeln, dass wir das Erreichte nicht wieder zunichtemachen, sondern dass es wirklich möglich wird, gesicherte Schritte der Öffnung und Lockerung zu machen, ohne dass man sie später wieder zurücknehmen muss. In diesem Geist der Hoffnung, aber eben nicht Sorglosigkeit, arbeitet die Bundesregierung auf die Beratungen des Mittwochs hin.

Frage: Herr Seibert, vielleicht beginnen wir mit dem anstehenden Überschuss an AstraZeneca-Impfstoff vor den Beratungen am Mittwoch. Was hält die Kanzlerin davon, diesen Impfstoff eventuell für alle Bevölkerungsgruppen freizugeben, wenn der sonst nicht aus der Kühlung oder aus den Schränken herauskommt?

StS Seibert: Vielleicht ist es einmal an der Zeit, zu diesem Überschuss, wie Sie es nennen – manche reden ja auch von herumliegenden AstraZeneca-Impfdosen usw. -, etwas zu sagen. Das ist sicherlich nicht so leicht in so einem Wort auszudrücken. Die Gründe dafür, dass AstraZeneca-Impfstoff noch unverimpft ist, könnten nämlich sehr unterschiedlich sein. In dieser Zahl ist auch relativ frisch gelieferter Impfstoff enthalten. Darin ist Impfstoff enthalten, der für eine zweite Impfung zurückgehalten wird, oder eben Impfstoff, der zwar noch nicht verimpft, aber schon für eine Impfung vorgesehen ist. Ich glaube also, dass man diesen Begriff vorsichtig verwenden muss.

Es ist ja sowieso so, dass es jetzt Veränderungen – das kann der Kollege aus dem Gesundheitsministerium noch besser erklären – gegeben hat. Die Gruppe der Erzieher, der Lehrer und der Kita-Kräfte, ist hochgestuft worden. Da gibt es also schon eine Flexibilisierung bezüglich der Reihenfolge. Aber eine grundsätzliche Freigabe zu diesem Zeitpunkt ist nichts, was die Bundesregierung verfolgt.

Zusatzfrage: Was wäre denn ein Punkt, an dem man sagen müsste, dass man über eine grundsätzliche Freigabe nachdenken müsste? Ist das eine Menge von Impfdosen, die nicht verimpft werden können, die einen Wert von mehreren Millionen übersteigt? Geht es um die absolute Menge, oder was wären das für Gründe?

StS Seibert: Vielleicht wollen Sie etwas sagen.

Gülde: Im Grunde genommen wäre der Punkt erreicht, wenn wir ausreichend Impfstoff zur Verfügung haben und auch allen Menschen, die es wollen und in einer der bestimmten Priorisierungsgruppen sind, ein solches Impfangebot gemacht wurde. Ich kann Ihnen jetzt tatsächlich keine abschließende Zahl nennen. Aber grundsätzlich kann man, wenn wir halt wirklich genügend Impfstoff zur Verfügung haben, darüber nachdenken, damit auch in die Fläche zu gehen und auch in Hausarztpraxen zu impfen.

Der Minister hat sich ja vergangenen Freitag auch dazu geäußert. Zurzeit, wie hier auch Herr Seibert eben gesagt hat, sind noch genügend Menschen in der Priorisierungsgruppe 2, also Menschen mit Vorerkrankungen, Einsatzkräfte, Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, bei denen wir davon ausgehen, dass sie sich auch impfen lassen wollen. Solange diese noch kein Impfangebot bekommen haben, könnten wir damit natürlich auch noch nicht in die Fläche gehen.

Frage: Es bleibt aber der Fakt bestehen, dass Deutschland bei der Zahl der Geimpften prozentual weit hinter vergleichbaren Ländern hinterherhinkt, obwohl das das entscheidende Kriterium ist. Ich habe zwei Fragen dazu.

Erstens. Herr Seibert, dem Coronakabinett wird nicht entgangen sein, dass der niedersächsische Ministerpräsident, relativ ungewöhnlich, sehr scharf kritisiert hat, dass die Zulassung des Impfstoffs von Johnson & Johnson, obwohl in den USA bereits seit Langem zugelassen, in Europa noch nicht erfolgt ist. Fordert oder wünscht auch die Bundesregierung, dass diese Zulassung schneller geht?

Zweitens. Aus dem politischen Raum wird vorgeschlagen, negative Tests und Impfungen sozusagen gleichzustellen, was eine Perspektive für Lockerungen angeht. Ist das ein Gedanke, der auch bei Ihnen besprochen oder erwogen wird?

StS Seibert: Zunächst einmal zu dem Impfstoff von Johnson & Johnson: Dass voraussichtlich auch in der Europäischen Union demnächst ein vierter Impfstoff zugelassen wird, der dann nicht nur sicher und wirksam ist, sondern der dann eben auch den unschätzbaren Vorteil hat, mit nur einer einzigen Impfdosis die volle Immunisierung herzustellen, ist schon einmal eine außerordentlich gute und wichtige Nachricht. Wir haben uns in der Europäischen Union gemeinsam dafür entschieden, nicht mit Notfallzulassungen zu arbeiten, sondern reguläre Zulassungsverfahren durchzuführen, die aber deutlich durch dieses sogenannte Rolling-Review-Verfahren beschleunigt werden, die im Vergleich zu sonst also schon extrem schnell ablaufen. Deswegen rechnen wir in Kürze mit einer Zulassung dieses Impfstoffs durch die Europäische Arzneimittel-Agentur.

Zu der zweiten Frage müsste ich den Kollegen bitten, Stellung zu nehmen.

Gülde: Es ist so, dass wir fortwährend die Teststrategie auf Änderungsbedarfe überprüfen. Zurzeit – das wissen Sie – steht für den Mittwoch eine Sitzung mit den Ministerpräsidenten an, bei der über weitere Maßnahmen beraten wird. Dabei werden wir auch den Vorschlag einer überarbeiteten Teststrategie vorlegen. Aber die Beratungen bleiben natürlich abzuwarten.

Frage: Die Frage bezieht sich auf die Impfstrategie. Es gab ja heute Morgen noch einen weiteren Vorschlag von Herrn Kretschmer. Der forderte, dass man die Menschen in den Grenzregionen ab dem Alter von 18 Jahren durchimpfen sollte. Vielleicht können Sie dazu auch Stellung nehmen.

Herr Seibert, ich habe eine Frage zu Mittwoch. Es gibt ja ein Abrücken von der 35er-Inzidenz. Sie haben jetzt von diesen hoffnungsvollen Werten gesprochen. Wie erklären Sie denn eigentlich, dass man die Öffnungsschritte jetzt nicht mehr mit der Inzidenz von 35, sondern eher mit zusätzlichen Maßnahmen in Verbindung bringt?

Gülde: Ich würde vielleicht einfach einmal mit dem Vorschlag von Herrn Kretschmer anfangen. Auch da gilt halt eben, dass wir natürlich die Impfverordnung regelmäßig an aktuelle Entwicklungen und Erkenntnisse aus der Wissenschaft anpassen. Zurzeit ist es aber wichtig, dass wir tatsächlich flexibel bleiben, solange Impfstoff knapp ist. Darüber war man sich auch heute im Coronakabinett einig. Es muss natürlich nachvollziehbarerweise weiterhin priorisiert werden.

Bezüglich des Verteilmechanismus: Man hat einen Mechanismus mit den Ländern konsentiert, der auf die Berücksichtigung der Größe der Bevölkerung der jeweiligen Länder angelegt ist. Bei diesem Verteilmechanismus bleibt es derzeit.

StS Seibert: Sehen Sie, wir haben es ja jetzt mehrfach dargestellt: Derzeit haben wir leider nicht die Situation, dass wir uns national auf den Wert 35 zubewegen, sondern wir sind im Gegenteil wieder in einer leichten Aufwärtsbewegung begriffen.

Ich darf vielleicht an das Interview erinnern, dass die Bundeskanzlerin in der vergangenen Woche gegeben hat und in dem sie sich genau damit befasst hat. Darin hat sie gesagt, eine der Fragen, die wir mit den Ministerpräsidenten klären und beraten werden, ist, ob wir durch das neue Mittel der Schnelltests, die bald, aber noch nicht jetzt in großer Zahl zur Verfügung stehen werden, auch in Form von Selbsttests für den Bürger und die Bürgerin, einen Puffer schaffen können, der es uns ermöglicht, bestimmte Öffnungsschritte auch oberhalb der Inzidenz von 35 schon in Angriff zu nehmen. Die Frage ist dann eben: Wie viel oberhalb von 35 oder 50?

Das Entscheidende wird es bleiben, sich immer wieder zu vergewissern, ob wir es trotz den Öffnungs- und Lockerungsmaßnahmen, die wir ergreifen, noch schaffen, das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu behalten, also genau hinzuschauen.

Ich sage noch einmal, was ich am Freitag hier gesagt habe: Wir sind derzeit bereits in einer ersten ziemlich großen Öffnungswelle, und das ist gut so; wir alle haben das ja gewollt: Kitas, Grundschulen, seit heute die Friseure, die Gartenmärkte, die Baumärkte usw., da gibt es viele Beispiele. Jetzt ist es doch sinnvoll, erst einmal zu schauen, wie sich dies auf das weitere Infektionsgeschehen auswirkt, um dann umsichtig nächste Schritte zu machen.

Frage: Ich möchte das Gesundheitsministerium zum Impfstoff von Johnson & Johnson fragen, auch wenn klar war, dass es keine Notfallzulassung geben soll. Dauern die Prüfverfahren zu lange? Gibt es Möglichkeiten, schneller zu werden? Müsste es sie geben?

Gülde: Herr Seibert hat es ja bereits gesagt. Wir haben uns auf europäischer Ebene darauf geeinigt, dass hier nur solche Impfstoffe zugelassen werden, die ein reguläres Zulassungsverfahren durchlaufen haben. Dieses Zulassungsverfahren wird bereits durch das Rolling-Review-Verfahren beschleunigt, in dem Datenpakete bereits während der klinischen Prüfung eingereicht werden können. Dieses Zulassungsverfahren haben wir zurzeit und gehen auch davon aus, dass wir in Kürze mit einer Zulassung von Johnson & Johnson rechnen können.

StS Seibert: Wie gesagt, stehen wir zu dem gemeinsamen europäischen Beschluss, keine Notfallzulassungen zu machen, sondern deutlich beschleunigte reguläre Zulassungen im Rolling-Review-Verfahren.

Darüber hinaus muss man sich doch aber fragen: Selbst wenn es einige Tage oder zwei Wochen früher ginge, würde dies denn dazu führen, dass Johnson & Johnson in der Lage wäre, uns auch früher Impfdosen zu liefern? – Nach allem, was man weiß, wäre dies nicht der Fall. Insofern ist die Frage jetzt, wenn ich das so sagen darf, ein bisschen theoretisch.

Frage: Haben Sie einen Überblick darüber, wie viele AstraZeneca-Dosen derzeit ungenutzt in Deutschland lagern?

Gülde: Das hat Herr Seibert ja gerade gesagt. Ich stoße mich ein bisschen an dem Wort „ungenutzt“. Es gibt, wie gesagt, unterschiedliche Gründe dafür, dass Impfstoffdosen von AstraZeneca derzeit nicht verimpft werden. Das sind die genannten. Auf unserer Webseite gibt es ein Impfdashboard. Dort geben wir auch ausführlich darüber Auskunft, wie viel Impfstoff geliefert und wie viel verimpft wurde. Die genauen Zahlen für AstraZeneca habe ich gerade nicht parat; aber sie sind tatsächlich auf unserer Webseite zu finden.

Frage: Herr Seibert, ich möchte an die Frage des Kollegen bezüglich der 50er-Inzidenz und der 35er-Inzidenz anschließen. Es gibt ein offensichtlich überarbeitetes Papier aus dem Hause Altmaier, in dem die Wünsche der Wirtschaft aus der vergangenen Woche zusammengefasst werden. Darin ist jetzt ein Passus enthalten, in dem es heißt, oberhalb einer 50er-Inzidenz seien Lockerungen zulässig, wenn sie in Verbindung mit zusätzlichen Schutzmaßnahmen im Einzelfall vertretbar seien. Steht die Kanzlerin dahinter?

StS Seibert: Vielleicht sollte der Sprecher oder die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums dazu auch noch einmal Stellung nehmen. Ich sehe jetzt keinen direkten Widerspruch zu dem, was ich gesagt habe. Ich habe gesagt und die Kanzlerin dabei zitiert, dass eines der großen Themen der kommenden Beratungen mit den Ministerpräsidenten sein wird, darüber zu beraten, welche zusätzlichen Möglichkeiten uns das baldige Vorhandensein – baldig, jetzt noch nicht – von massenhaften Tests geben wird und ob es uns erlaubt, sozusagen einen Sicherheitspuffer einzuziehen und damit Öffnungen, Lockerungsmaßnahmen schon bei einer etwas höheren Inzidenz als der, die wir ursprünglich ins Auge gefasst hatten, zu ergreifen.

Ich sehe dazu jetzt keinen Widerspruch, möchte aber trotzdem den Beratungen des Mittwochs nicht weiter vorgreifen.

Frage: Bei konkret welchen Ausnahmen beziehungsweise Einzelfällen soll es in Bezug auf das von Herrn Altmaier vorgeschlagenen Papier möglich sein, Öffnungen im Einzelfall über der 50er-Inzidenz zuzulassen? Die Frage richtet sich an das BMWi.

Baron: Vielen Dank. Auch ich kann den Beratungen am Mittwoch natürlich nicht vorgreifen. Ich will die Vorschläge ein bisschen einordnen. Sie wissen ja, dass Minister Altmaier in den vergangenen Wochen eine breite Diskussion zu dem Thema einer verantwortungsvollen Öffnungsperspektive geführt hat. Wir haben am 16. Februar den Wirtschaftsgipfel bei uns im Haus gehabt. Am vergangenen Freitag, den 26. Februar, gab es eine Sonderwirtschaftsministerkonferenz mit den Ländern. Im Anschluss daran hat Herr Altmaier in einer Pressekonferenz den Stand der Diskussion skizziert.

Das Ergebnis dieses breiten Dialogs haben wir jetzt eingebracht (akustisch unverständlich) Ministerpräsidentenkonferenz übermittelt, damit diese Vorschläge in die vorbereitenden Arbeiten der Ministerpräsidentenkonferenz einfließen können. Es geht darum, Vorschläge aus der Wirtschaft, aus den Ländern für ein verantwortungsvolles und branchenübergreifendes Öffnungskonzept zu unterbreiten.

Ich kann jetzt nicht auf einzelne Details eingehen, aber es ist natürlich klar, dass auch Schnelltests bei weiteren Öffnungen eine wichtige Rolle spielen werden.

Frage: Herr Seibert, zu den Schnelltests: Herr Braun hat gestern bei „Anne Will“ von zwei kostenlosen Schnelltests gesprochen. Können Sie das bestätigen und präzisieren, in welchem Zeitrahmen und wie sie dann ausgeführt werden können? Es blieb offen, ob das die Selbsttests zu Hause sind oder beim Apotheker oder im Krankenhaus oder in den Testzentren.

Können Sie das bestätigen? Sind also zwei Selbsttests pro Mensch und pro Zeiteinheit geplant? Kostenlos? Wann wird es sie geben?

StS Seibert: Ich habe gestern versäumt „Anne Will“ zu sehen. Deswegen kenne ich die Äußerungen des Chefs des Bundeskanzleramtes nicht. Ich kann deswegen nur Folgendes sagen: Schnelltests können ein Mittel sein, um Öffnungsschritte abzusichern. Es gibt diverse zu klärende Frage, die mit dem vermehrten Einsatz von Tests zusammenhängen, zum Beispiel die Beschaffungssituation – darauf habe ich angespielt; wie viele Schnelltests werden wirklich zu einem bestimmten Zeitpunkt X zur Verfügung stehen? -, ausreichende Testkapazitäten – wir reden ja jetzt nicht nur von Selbsttests, sondern auch von Schnelltests – und das Thema der Vergütung. All diese Themen werden am Mittwoch zu beraten sein. Es tut mir leid, dass ich dem jetzt nicht vorgreifen kann. Aber Sie müssten einfach noch einmal schauen, was er bei „Anne Will“ gesagt hat. Es ist Gegenstand der Beratungen.

Frage: Kann man erwarten, dass es in naher Zukunft wirklich eine Teststrategie gibt, die die Öffnungsstrategie mit der Teststrategie verknüpft? Denn gesagt wird, dass man mit den Tests nur dann einen Effekt erzielt, wenn man sie strategisch einsetzt, indem man die Menschen meinetwegen regelmäßig zweimal die Woche testet.

StS Seibert: Ja, genau das soll ja im März geschehen, wie die Bundeskanzlerin gesagt hat. Das Thema der immer stärker zur Verfügung stehenden und jetzt ständig auf den Markt drängenden Tests, vor allem auch der Selbsttests, mit einer umsichtigen und klugen Öffnungsstrategie zu verbinden, diese beiden Dinge zusammenzubringen, das ist Gegenstand auch der Ministerpräsidentenkonferenz und der Beratungen mit der Kanzlerin am Mittwoch.

Frage: Herr Seibert, die „Bild“ hatte am Wochenende einen großen Bericht. Sie zitiert einen, wie sie ihn nennt, führenden Immunexperten. Dieser sagt, die Skepsis gegenüber dem AstraZeneca-Impfstoff solle man dadurch beenden, dass sich die Bundeskanzlerin live im Fernsehen mit dem Präparat impfen lasse. Wie stehen Sie zu diesem Vorschlag?

StS Seibert: Dieser Vorschlag ist zwar nicht in der zugespitzten Form der Fernsehübertragung, aber sonst immer wieder gemacht worden, auch von Ihnen, aber auch von vielen anderen. Die Bundeskanzlerin hat sich dazu immer wieder geäußert. Sie hat gesagt: Ich lasse mich selbstverständlich dann impfen, wenn ich dran bin. Es gibt eine ganze Reihe von Berufsgruppen, die in ihrem beruflichen Alltag nicht das leben können, was ich leben kann, nämlich Abstand und absolute Sicherheit, und diese sind zuerst dran. – Damit hat sie zum Beispiel auf die Kitaerzieher und -erzieherinnen, auf die Menschen in den Grundschulen usw. angespielt. Diese Haltung hat sich auch durch die Äußerung dieses Experten nicht geändert.

Das heißt nicht – aber das ist ja klar -, dass die Bundesregierung nicht bei jeder Gelegenheit darauf hinweist, dass der AstraZeneca-Impfstoff von der europäischen Behörde ordnungsgemäß freigegeben wurde, dass er von unseren Autoritäten für den Einsatz in einer bestimmten Altersgruppe empfohlen wird – da gibt es möglicherweise Veränderungen; das hat der Chef der STIKO angekündigt, aber noch ist es nicht so weit – und dass deswegen die Bürger darauf vertrauen können, dass das ein sicherer und wirksamer Impfstoff ist und er entsprechend eingesetzt wird.

Zusatzfrage: Sie haben gesagt, dass die Bundesregierung bei jeder Gelegenheit darauf hinweist. Haben Sie irgendwelche Ideen, Konzepte, wie Sie dieses Vertrauen erhöhen wollen? Zum Beispiel könnte die Kanzlerin ja sagen, dass Sie den Impfstoff von AstraZeneca nimmt, wenn sie dran ist.

StS Seibert: Sie wissen aber – auch das ist Gegenstand vieler Fragen und Antworten gewesen -, dass wir derzeit bei einem insgesamt eher noch nicht ausreichendem Impfstoffreservoir gar nicht in einer Situation sind, zu sagen: Ich möchte mit diesem oder jenem geimpft werden.

Das Entscheidende ist, dass alle drei Impfstoffe, die derzeit in Deutschland auf dem Markt sind, ein reguläres und vollwertiges Überprüfungsverfahren durchlaufen haben und man deswegen von Wirksamkeit und Sicherheit ausgehen kann.

Außerdem hat die Bundeskanzlerin darauf hingewiesen, dass sie 66 Jahre alt ist und derzeit die STIKO den Einsatz von AstraZeneca für das Alter bis 64 empfiehlt.

Frage: Wann sollen ausreichend Selbsttests verfügbar sein und die kostenlosen Schnelltests starten? Welches Organisationsproblem gibt es dabei gegebenenfalls noch?

StS Seibert: Das wird der Kollege des BMG besser beantworten können. Ich glaube, es sind derzeit vier dieser Selbsttests zugelassen und weitere stehen zur Zulassung an. Es ist nicht Sache der Bundesregierung, bestimmen zu können, wie viele Exemplare dieser Tests die Unternehmen sozusagen in der Lage sind, im ersten und im zweiten Monat auf den Markt zu bringen. Aber der Sprecher des BMG weiß das, glaube ich, noch im größeren Detail.

Gülde: Nichtsdestotrotz stehen wir natürlich mit den herstellenden Unternehmen in einem regelmäßigen Austausch.

Dazu ist auch noch zu sagen, dass wir bei den Selbsttests nicht vor diesen Problemen wie bei der Impfstoffherstellung stehen. Man muss wirklich sagen, dass in Bezug auf die Selbsttests die Produktion sehr kurzfristig skalierbar ist. Insofern gehen wir davon aus, dass diese in Kürze in einer ausreichenden Zahl zur Verfügung stehen werden.

Zu Anfang – das hat der Minister gesagt – wird es wahrscheinlich vereinzelt Engpässe geben; das wird nicht ausbleiben können. Wir gehen aber schon davon aus, dass in kurzer Zeit die Selbsttests in ausreichender Menge zur Verfügung stehen werden.

Frage: Können Sie präzisieren, was „in Kürze“ heißt?

Gülde: Nein. Ich kann Ihnen kein genaues Datum nennen. Ich kann Ihnen jetzt natürlich auch noch keine Menge nennen. Das hängt auch ein Stück weit davon ab, wie stark das Angebot angenommen wird. Dazu liegen mir aber im Augenblick keine Zahlen vor.

Zusatzfrage: Können Sie aus Gesprächen mit der Industrie berichten, welche Produktionskapazitäten es gibt oder ob zum Beispiel in zwei Wochen so und so viele zur Verfügung stehen?

Gülde: Ich weiß nicht, ob es Zahlen gibt, die die Industrie genannt hat. gegebenenfalls müsste ich das nachreichen.

Frage: Herr Seibert, mit Blick auf den Mittwoch, aber auch allgemein die Frage: Gibt es in der Bundesregierung Überlegungen, die Corona-Warn-App mit anderen Apps zu verknüpfen, beispielsweise mit der Luca-App?

Welche Rolle spielen diese anderen Apps wie zum Beispiel die Luca-App bei den Öffnungsstrategien?

StS Seibert: Zunächst einmal hat die Corona-Warn-App drei wichtige Funktionen: Das eine ist die schnelle Übermittlung von Testergebnissen. Ich suche gerade die Zahlen, damit ich Ihnen die neuesten Zahlen nennen kann. Diese sind nämlich relativ eindrucksvoll: Wir haben 25,8 Millionen Downloads; 97 Prozent der niedergelassenen Labore sind an die Corona-Warn-App angeschlossen. Das ist ein wichtiger Punkt, denn das macht es möglich, dass von den angeschlossenen Laboren jetzt fast 9,4 Millionen Testergebnisse auf dem digitalen Weg direkt in die Corona-Warn-App übermittelt worden sind.

263 000 User – das ist die letzte Zahl – haben ihr positives Testergebnis bislang über die App geteilt.

Das heißt, dass das alleine schon zeigt, wie nützlich sie ist: Erstens das schnelle Gewarntwerden, zweitens die schnelle Übermittlung von Testergebnissen und drittens die Möglichkeit, mit ganz wenig Zeitverzug wiederum andere zu warnen, falls man selber ein positives Ergebnis bekommen hat. Das bleibt die zentrale Aufgabe und der zentrale Nutzen der Corona-Warn-App.

Wenn ich jetzt daran denke, dass wir in den kommenden Wochen weitere Öffnungsschritte zusätzlich zu denen, die wir jetzt schon erleben, vorhaben, wird es auch wieder eine gesteigerte Zahl von Kontakten geben. Dann wird es sehr wertvoll sein, diese Corona-Warn-App zu nutzen.

Etwas anderes sind die Apps, über die jetzt gesprochen wird. Das soll in der Sendung gestern auch Thema gewesen sein, die Sie – ich aber nicht – gesehen haben. Dabei handelt es sich nicht um eine Alternative zur Corona-Warn-App, sondern um eine mögliche Ergänzung. Es geht um die Kontaktverfolgung im Zusammenhang mit Restaurantbesuchen oder Konzerten – von Konzerten ist ja noch gar nicht die Rede – oder sonstigen Veranstaltungen.

In der Corona-Warn-App wollen wir das Verwenden von personenbezogenen Daten ganz bewusst vermeiden. Das ist die Vertrauensschutz- und die Datenschutzbasis, auf der diese 25,8 Millionen Downloads erst möglich geworden sind. Nun wollen wir nicht in derselben App anonym Begegnungen aufzeichnen und gleichzeitig personenbezogene Daten erheben. Insofern gilt es, eine solche Vermischung zu vermeiden. Aber eine sinnvolle Ergänzung könnten solche Apps, von denen jetzt die Rede ist, natürlich sein.

Zusatzfrage: Wird das am Mittwoch schon eine Rolle spielen?

StS Seibert: Das kann ich hier jetzt nicht sagen. Ich will das überhaupt nicht ausschließen. Die genaue Tagesordnung des Mittwochs kann ich Ihnen hier jetzt noch nicht benennen.

Frage: Eine Frage an das Innenministerium. Es geht um das deutsch-französische Grenzgebiet nach der Einstufung als Virusvariantengebiet. Dort sind, wenn ich das richtig verstehe, ausdrücklich keine stationären Grenzkontrollen vorgesehen. Der sächsische Ministerpräsident hat gesagt, dass dann alles nichts bringt. Sie hätten in Sachsen und in Bayern an der Grenze zu Tirol die Erfahrung gemacht, dass man solche Regelungen dann auch richtig kontrollieren muss. Es gab eine relativ hohe Anzahl von Personen, die am Anfang zurückgewiesen wurde. Wie zuversichtlich sind Sie, dass diese Regelung, die jetzt eingeführt wurde, also Testkontrollen an der französischen Grenze, auch wirklich eingehalten wird?

Dr. Lammert: Es ist zunächst richtig und zu bestätigen, dass keine stationären Binnengrenzkontrollen vorgesehen sind. Was es geben wird, ist Schleierfahndung, das heißt intensive Polizeikontrollen, die es ja sowieso bereits an den Binnengrenzen gibt.

Ich kenne diese Äußerung, die Sie erwähnen, nicht. Ich kann aber allgemein sagen, dass die Situationen an den unterschiedlichen Grenzen überhaupt nicht vergleichbar sind. Das wird auch genau in den unterschiedlichen und differenzierten Regelungen an den Grenzen zu Tschechien und Österreich, also Tirol, und jetzt Moselle reflektiert.

Moselle ist im französischen Staatsaufbau eine Kleinere Verwaltungseinheit innerhalb einer größeren Region. Das muss man gegebenenfalls bei der Wiedereinführung von Grenzkontrollen zunächst beachten. Das heißt, es ist eine Frage der Praktikabilität. Es ist aber auch wichtig, festzustellen, dass es grenzübergreifende sehr enge Koordinierungs- und Zusammenarbeitsmaßnahmen gibt, an denen zurzeit noch gearbeitet wird, die dazu führen, dass eine Vergleichbarkeit hergestellt werden kann. Ein anderer wesentlicher Punkt ist, dass im Fall von Moselle – anders als bei Tschechien und Österreich – die angrenzenden Bundesländer explizit nicht um Grenzkontrollen gebeten haben.

Zusatzfrage: Meine Frage zielte auf die Effektivität der Kontrollen. Ist diese bei der Schleierfahndung genauso groß wie bei stationären Kontrollen?

Dr. Lammert: Um das noch einmal klarzustellen: Die Schleierfahndung funktioniert anders. Sie funktioniert unterhalb der Schwelle von stationären Grenzkontrollen. Das heißt, es werden im Grenzraum durch Polizeikräfte – Länder- und Bundespolizeien – stichprobenartige Kontrollen durchgeführt, die aber flexibel gestaltet werden können. Das heißt, es gibt Kontrollen. Wer über die Grenze kommt, sollte sicher sein, dass er die entsprechenden Maßnahmen auch einhält.

Frage: Herr Gülde, Sie sind uns noch eine Antwort schuldig, wann ein Bundesland in Deutschland ein Virusvariantengebiet ist. Das wollten Sie noch nachreichen.

Zum anderen geht es um die „Impfluencer“-Kampagne. Ich weiß nicht, ob diese vom BMG kommt oder bei Herrn Seibert angesiedelt ist. Könnten Sie uns sagen, warum Sie eine „Impfluencer“-Kampagne planen, welches Budget dafür zur Verfügung steht und wie viele „Impfluencer“ dafür gewonnen werden? Wer zum Beispiel?

Gülde: Den Begriff „Impfluencer“ habe ich schon einmal gehört, aber den benutzen wir meines Wissens ist. Es ist richtig, dass wir die Impfkampagne „Deutschland krempelt die Ärmel hoch“ haben. Diese Kampagne ist zweigeteilt. In einer ersten Phase geht es darum, die Menschen in den ersten beiden Priorisierungsgruppen zu erreichen. Darüber hinaus ist in der zweiten Phase, wenn wir mit den Impfungen in die Fläche gehen, eine breitere Kommunikationskampagne angezeigt. Diese Kommunikationskampagne wird auch einige Influencer mit einbeziehen.

Zu den Kosten kann ich Ihnen jetzt noch nichts sagen. Für die Kampagne „Deutschland krempelt die Ärmel hoch“ ist ein Mediabudget von 25 Millionen Euro vorgesehen.

Vorsitzende Wolf: Die zweite Frage nach den innerdeutschen Virusvariantengebieten war noch offen.

Gülde: Innerdeutsche Virusvariantengebiete gibt es in der Hinsicht tatsächlich nicht. Ich muss ganz ehrlich gestehen: Mir ist die Frage nicht mehr geläufig. Gegebenenfalls reiche ich die Antwort nach. Ich muss noch einmal in das Protokoll schauen.

Frage: Herr Seibert, gibt es vor dem nächsten Gipfel wieder eine Beraterrunde? Tauscht sich die Bundeskanzlerin vor dem Gipfel auch mit expliziten Kritikern ihres Kurses aus?

Herr Gülde, es gibt kritische Stimmen, die sagen, dass, was die Zahlen der Neuinfektionen angeht, doppelte Tests miteingeschlossen sind, dass also jemand, der sich zum Beispiel dreimal in kurzer Zeit testen lässt und dreimal positiv getestet wird, in den Zahlen auftauchen könnte. Ist an diesen Vorwürfen etwas dran? Wie wird das gehandhabt? – Danke.

StS Seibert: Es gibt vor den Beratungen am Mittwoch dieser Woche keine Expertenanhörung, wie es sie manchmal vor Sitzungen mit den Ministerpräsidenten gab. Gleichwohl hat sich die Bundeskanzlerin in Vorbereitung auf Mittwoch mit einer ganzen Reihe von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen ausgetauscht, unter anderem am Freitagnachmittag mit dem Expertenkreis, den der nordrhein-westfälische Ministerpräsident seit einiger Zeit – ich glaube, seit fast einem Jahr – hat.

Gülde: Ich versuche gerade nachzuvollziehen, unter welchen Umständen es gegebenenfalls zu einer Doppelzählung kommen könnte. Mir fällt da, ehrlich gesagt, kein Szenario ein. Üblicherweise ist es so, dass, wenn ein Test erfolgt und dieser positiv ausschlägt, dieser an das örtliche Gesundheitsamt weitergegeben wird. Diese Daten sind auch personalisiert, um eine Kontaktnachverfolgung zu ermöglichen.

Wenn es beispielsweise nach einer Isolierungsmaßnahme noch einmal zu einem Test kommen sollte und dieser auch noch positiv wäre – ich glaube, darauf zielen Sie ab -, dann würde dieser üblicherweise nicht an das RKI als neuer Fall weitergegeben. Das habe ich so, ehrlich gesagt, noch nicht gehört. Das ist meines Wissens auch ausgeschlossen.

Frage: Eine Frage an das Innenministerium: In den russischen Medien hat sich eine Meldung breitgemacht, dass die Frau von Nawalny, Julija Nawalnaja, eine deutsche Staatsbürgerin ist oder kürzlich die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen hat. Stimmt das?

Dr. Lammert: Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu persönlichen Angelegenheiten. Ich weiß nicht, ob das Auswärtige Amt noch eine Ergänzung hat. Aber von unserer Stelle gibt es keine.

Burger: Ich kann ergänzen, dass wir in den letzten Tagen gesehen haben, dass in den sozialen Medien Bilder eines angeblichen Personalausweises kursieren. Diese Bilder sind eine Fälschung.

Zusatzfrage: Die Frau von Nawalny und er selbst waren ja ziemlich lange in Deutschland. Hatte sie für diese Zeit einen Aufenthaltstitel, eine Aufenthaltsgenehmigung oder ein Visum?

Dr. Lammert: Hier gilt das, was ich gerade schon gesagt habe. Zu individuellen und persönlichen Fragen äußern wir uns nicht.

Frage: Können Sie bestätigen, dass alle in Hamburg gestrandeten Seeleute aus Kiribati nun nach Hause reisen dürfen?

Burger: Dazu müsste ich Ihnen die Antwort nachreichen.

Frage: Wie reagiert die Bundesregierung auf die Erkenntnisse der US-Geheimdienste, wonach Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman unmittelbar für die Ermordung des Journalisten Khashoggi verantwortlich ist?

Burger: Dieser angesprochene Bericht präsentiert Schlussfolgerungen von US-amerikanischen Diensten aus diversen Fakten und nachrichtendienstlichen Erkenntnissen zur Ermordung von Jamal Khashoggi, die aber in dem Bericht selbst nicht veröffentlicht wurden. Ohne genaue Kenntnis der zugrundeliegenden Dokumente können wir hier auch keine neuen abschließenden Bewertungen oder Schlussfolgerungen treffen.

Die USA selbst haben ja weitere Maßnahmen gegen Individuen angekündigt, also gegen Personen, die nach der Bewertung der USA an Aktionen gegen Oppositionelle im Ausland beteiligt sind. In Europa gelten bereits seit 2018 Einreisesperren für mehrere mutmaßlich an der Tat Beteiligte. Das war damals eine gemeinsame Initiative Deutschlands und Frankreichs. Wir gehen davon aus, dass diese Einreisesperren für den Schengen-Raum unverändert gültig bleiben.

Genauso wie die USA das tun, werden wir den kritischen Dialog mit Saudi-Arabien fortführen. Wir haben immer die Situation der Menschenrechte gegenüber Saudi-Arabien auf allen Ebenen angesprochen und werden dies auch weiterhin tun. Es ist insofern erfreulich, dass sich die USA hier der deutschen und der EU-Position angenähert haben. Wichtig ist, dass so etwas wie die Ermordung von Jamal Khashoggi nie wieder vorkommen kann. Daran wird sich Saudi-Arabien messen lassen müssen.

Frage: Herr Burger, den Bericht und diese Zusammenfassung kennen Sie. Dieser sagt zur Einbindung von Mohammed bin Salman: Es sei, auch wegen der Zuständigkeit für die Geheimdienste, undenkbar, dass die Ermordung Khashoggis ohne seine Zustimmung erfolgt sei. A) Entspricht das Ihrem Kenntnisstand? B) Welche Konsequenzen hat das für die deutsche Rüstungsexportpolitik gegenüber Saudi-Arabien? Sie ist ja sozusagen eingefroren oder gestoppt. Der Stopp ist bis Ende dieses Jahres verlängert worden. Gleichwohl werden weiterhin Waffen, die in Kooperation mit anderen Partnern produziert werden, dorthin gelangen können. Können Sie an diesem Umgehungstatbestand etwas ändern und wollen Sie das?

Burger: Wie Sie richtig ausgeführt haben: Bereits jetzt gilt – und das gilt auch weiterhin -, die Bundesregierung hat sich verständigt, grundsätzlich keine Genehmigungen für Exporte von Rüstungsgütern aus Deutschland nach Saudi-Arabien zu erteilen. Das ist gerade noch einmal bis zum 31. Dezember 2021 verlängert worden. Das gilt.

Im Übrigen, wie ich es gerade ausgeführt habe: Der Bericht, der in den USA veröffentlicht wurde, präsentiert ja Schlussfolgerungen der US-Dienste. Was dort nicht veröffentlicht wird, sind die diesen Schlussfolgerungen oder Bewertungen zugrundeliegenden nachrichtendienstlichen Erkenntnisse. Insofern ergibt sich für uns daraus zunächst einmal kein neuer Erkenntnisstand. Es gilt das, was wir in der Vergangenheit zur Einordnung dieses Falls gesagt haben.

Wir sind natürlich mit den USA dazu im Gespräch. Die USA haben ja auch eine Neuausrichtung ihrer Politik gegenüber Saudi-Arabien angekündigt. Das ist etwas, wozu wir natürlich im Dialog mit den amerikanischen Partnern bleiben wollen.

Frage: Der Kollege hat ja noch eine andere Frage zur Rüstung gestellt. Das können Sie vielleicht noch beantworten.

Ich würde gern von Herrn Seibert wissen: Macht die Bundesregierung wie die US-Regierung seit Freitag den saudischen Kronprinzen für die Ermordung von Khashoggi mit verantwortlich?

StS Seibert: Kollege Burger hat das für das Auswärtige Amt ja gerade gesagt.

Zuruf: Aber Sie sprechen für die Bundesregierung.

StS Seibert: Ja, er auch. Er hat gerade begründet, warum und wie wir zu diesen Berichten, die jetzt aus den USA bekanntgeworden sind und die wir zur Kenntnis genommen haben, Stellung nehmen.

Zusatzfrage: Ich habe eine Verständnisfrage: Die US-Regierung macht den saudischen Kronprinzen für diesen Mord mitverantwortlich. Habe ich die Bundesregierung richtig verstanden, dass sie das auch tut?

StS Seibert: Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, dass Herr Burger noch einmal wiederholt, was er zweimal gesagt hat. Das, was er gesagt hat, ist doch sehr unmissverständlich.

Zuruf: Also?

StS Seibert: Da es nicht sinnvoll ist, dass er es ein drittes Mal wiederholt, würde ich sagen: Lesen Sie das vielleicht im Protokoll nach.

Frage: Herr Burger, ich möchte es einmal anders probieren. Wenn Sie sagen, dass die dahinterliegenden Geheimdiensterkenntnisse oder nachrichtendienstlichen Erkenntnisse nicht in dem Bericht stehen, können Sie noch einmal genauer beschreiben, wie das weitere Verfahren ist? Bittet jetzt die Bundesregierung oder der BND darum, dass diese Erkenntnisse auch Deutschland zur Verfügung gestellt werden, und wird dann der BND – oder wer auch immer – selber zu einer Erkenntnis kommen, auf der dann mögliche weitere Sanktionen aufbauen?

Burger: Ich muss um Verständnis bitten, dass ich – wie das hier üblich ist – hier über nachrichtendienstliche Sachverhalte keine Auskunft geben darf. Das wäre auch nicht meine Zuständigkeit als Sprecher des Auswärtigen Amts.

Ich habe ja gesagt, dass wir mit den Vereinigten Staaten in einem engen Kontakt stehen und uns natürlich auch über unsere Politik gegenüber dieser Weltregion austauschen, weil es eine wichtige Weltregion für unsere Außenpolitik ist. Wir nehmen zur Kenntnis, dass sich die Haltung der Vereinigten Staaten unter der neuen Regierung weiterentwickelt hat. Wir sehen auch eine große Übereinstimmung in den Zielen und in den Leitlinien, die die amerikanische Politik formuliert hat. Insofern wird es da auch weiter einen engen Austausch geben.

Zusatzfrage: Herr Burger, meine Frage war wahrscheinlich falsch an Sie gerichtet, weil der BND vom Kanzleramt beaufsichtigt wird. Also jetzt eine Verständnisfrage an Herrn Seibert: Gibt es den Wunsch an die amerikanische Regierung, dass diese nachrichtendienstlichen Erkenntnisse jetzt auch der Bundesregierung zur Verfügung gestellt werden?

StS Seibert: Ich fürchte, ich werde Sie da enttäuschen müssen. Es ist bekannt, dass es enge nachrichtendienstliche Kontakte zwischen den Stellen in der Bundesrepublik und denen in den Vereinigten Staaten gibt. Um welche Inhalte es geht, welche Wünsche von der einen oder anderen Seite ausgedrückt werden, welches Interesse besteht, das ist nicht Gegenstand für die Bundespressekonferenz.

Frage: Hat die Bundesregierung Kenntnis, auf welcher völkerrechtlichen Grundlage die USA in der vergangenen Woche Luftangriffe auf das Hoheitsgebiet der syrischen arabischen Republik durchgeführt haben?

Burger: Ich kann dazu verweisen, dass wir Kenntnis von einem Brief des Weißen Hauses an den US-Kongress haben, der so auch veröffentlicht wurde. In diesem Brief wird auf Artikel 51 der UN-Charta Bezug genommen. Da geht es um das Recht auf Selbstverteidigung. Darin begründet das Weiße Haus sein Vorgehen unter anderem damit, dass Syrien nicht in der Lage und nicht bereit ist, die Nutzung syrischen Territoriums durch Gruppierungen, die für Angriffe – in diesem Fall auf US-Truppen – verantwortlich sind, zu verhindern.

Frage: An das Finanzministerium: Berichten zufolge sind die für dieses Jahr zugesagten Zusatzmittel für Projekte gegen Rechtsextremismus in Höhe von 150 Millionen Euro noch nicht freigegeben. Woran liegt das?

Dr. Podstawski: Ich kann erst einmal sagen, dass für die Bundesregierung die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus ein zentrales Anliegen ist. Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz hat im Zusammenhang mit der Arbeit des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus betont, dass die Förderung einer lebendigen, weltoffenen und bunten Zivilgesellschaft auf eine stabile Basis gestellt wird – quasi als Bollwerk gegen fremdenfeindliche und rassistische Umtriebe.

Als Nächstes stehen, wie auch schon seit Längerem bekannt, die Abstimmungen im Rahmen des Kabinettsausschusses Rechtsextremismus und Rassismus an. Hier geht es jetzt um die Frage, wie die zusätzlichen Verstärkungsmittel in Höhe von 150 Millionen Euro verteilt werden.

Zusatzfrage: Woran liegt es, dass diese Mittel noch nicht abgerufen wurden?

Dr. Podstawski: Es geht hier ja nicht um den Mittelabruf, sondern es geht hier um die Frage der zusätzlichen Verstärkungsmittel für diese Maßnahmen. Wie seit Längerem geplant, stehen die Abstimmungen dazu, wie diese Mittel verteilt werden, in dem Kabinettsausschuss Rechtsextremismus und Rassismus an. Dazu wird dort also entschieden werden.

Frage: An das Verteidigungsministerium: Die „FAZ“ hat berichtet, dass sich die Ermittlungen gegen KSK-General Kreitmayr intern verzögert hätten. Mit welcher Entwicklung kann diese Woche beim Thema KSK gerechnet werden?

Helmbold: Zu diesem Thema hatte ich mich hier ja am Freitag schon geäußert. Wir haben am Mittwoch eine Sitzung des Verteidigungsausschusses, in der das auch Thema sein wird. Dort wird sich die Ministerin zu diesem Thema einlassen. Danach wird es auch eine Information für die Öffentlichkeit geben. Das ist das, was uns in dieser Woche bezogen auf dieses Thema erwartet.

Frage: Ist inzwischen ermittelt, wie viel von der Munition, die verschwunden und dann wieder aufgetaucht ist, zwischenzeitlich außerhalb von Liegenschaften der Bundeswehr aufbewahrt wurde, und wie viel davon Übungsmunition und wie viel scharfe Munition war?

Helmbold: Das sind Fragen, die uns auch intensiv beschäftigen. Die Sachverhalte zum Munitionsverbleib gehören als ganz ein wesentlicher Anteil zu den Untersuchungen, die im Moment stattfinden. Die sind aber noch nicht abgeschlossen, und deswegen kann ich mich dazu im Moment auch nicht äußern.

Frage: An Herrn Seibert beziehungsweise Herrn Burger: Das niederländische Parlament wirft den Chinesen Völkermord an den Uiguren vor. Was ist da die Haltung der Bundesregierung?

Burger: Vielen Dank. – Zur Lage in Xinjiang hat sich der Außenminister heute vor einer Woche im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen geäußert. Ich darf das kurz zitieren:

„Unser Bekenntnis zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte lässt keinen Raum für die willkürliche Internierung ethnischer Minderheiten wie der Uiguren in Xinjiang oder Chinas hartes Vorgehen gegen bürgerliche Freiheitsrechte in Hongkong.“

Dem können Sie die Positionierung der Bundesregierung zu dieser Frage entnehmen.

Zusatzfrage: Ich habe noch eine Nachfrage an Herrn Lammert, weil Ihr Nachtrag die Frage nicht beantwortet hat. Es geht noch einmal um den Maoisten, der für das Innenministerium tätig war. Die „WELT“ schreibt, Staatssekretär Kerber habe sich für ihn eingesetzt. Das Ministerium sagte, es kannte den nicht. Was stimmt, hat sich Herr Kerber eingesetzt oder nicht?

Dr. Lammert: Vielen Dank für die Frage. – Ich meine, wir hatten letzte Woche in der Folge bereits eine Nachreichung eingereicht, sodass die Frage im Grunde schon beantwortet ist. Ich kann aber noch einmal ganz kurz sagen, dass es richtig ist – das hat mein Kollege in der letzten Woche auch deutlich so gesagt – dass das Bundesinnenministerium im Zusammenhang mit dieser Studie eine Gruppe von Wissenschaftlern angesprochen hat, die bereit waren, ihre Expertise in verschiedenen Bereichen kostenfrei zur Verfügung zu stellen und Einschätzungen zu einem Pandemieverlauf abzugeben, der denkbar war. Es ist aber falsch, dass eine Person, auf die Sie da konkret Bezug nehmen, angesprochen wurde. Es wurden vielmehr vier Personen angesprochen, und dann haben diese Personen wiederum selber mehrere Personen angesprochen. So herum war es.

Zusatzfrage: Hat der Staatssekretär sich eingesetzt oder nicht?

Dr. Lammert: Mehr habe ich dazu jetzt nicht zu sagen.

Frage: Herr Seibert, wie reagiert die Kanzlerin auf die Berichte über Herrn Spahns geselligen Abend im Oktober? Es wurde ja berichtet, dass er ein angeblich privates Abendessen mit Dutzenden Unternehmern in Leipzig gemacht hat. Am Tag später gab es seinen positiven Coronabefund, und am selben Tag war er morgens im Fernsehen und hat über die Gefahren von Geselligkeiten und solchen Meetings gesprochen. Wie bewertet die Kanzlerin das? Hat sie noch Vertrauen in den Gesundheitsminister?

StS Seibert: Zu dem Thema, das Sie ansprechen, hat er sich ja bereits als Abgeordneter, als Parteipolitiker geäußert. Das habe ich nicht weiter zu kommentieren.

Grundsätzlich kann ich sagen: Die Kanzlerin arbeitet eng, vertrauensvoll, sehr gut mit dem Gesundheitsminister zusammen. Jens Spahn hat als Gesundheitsminister in dieser Zeit zahllose Aspekte der Pandemiepolitik gleichzeitig im Blick zu haben, und dabei leistet er Großartiges.

Zusatzfrage: Wie bewertet sie dieses Fehlverhalten, gerade von einem Minister, der in dieser Pandemie verantwortlich ist und Verhalten von der Bevölkerung einfordert, das er offensichtlich selbst nicht einhält?

StS Seibert: Er selber hat sich dazu bereits geäußert. Er hat darauf hingewiesen, dass alle in Sachsen zu dem Zeitpunkt geltenden Regeln eingehalten wurden. Ich habe das nicht weiter zu kommentieren.

Frage: Ist die Bezeichnung „privates Treffen“ angemessen, wenn es sich um ein Treffen handelt, aus dem in größerer Zahl Parteispenden hervorgegangen sind? Ist das dann noch privat?

StS Seibert: Ich weiß nicht, ob das die Bezeichnung ist – ich habe sie nicht verwendet.

Zusatzfrage: Sie wurde aber auch von einem Minister dieser Regierung verwendet, und Sie sprechen für diese Regierung.

StS Seibert: Da sich das Abgeordnetenbüro von Herrn Spahn dazu geäußert hat, hat es das ja in den Zusammenhang seiner Abgeordneten- und parteipolitischen Arbeit gerückt. Das habe ich jetzt nicht weiter zu kommentieren.

Frage: Herr Seibert, können Sie erläutern, nach welchen Kriterien die Coronainformationen der Bundesregierung, die als Anzeigen in bundesdeutschen Zeitungen geschaltet werden und gegebenenfalls künftig noch geschaltet werden, vergeben werden?

StS Seibert: Das ist eine sehr grundsätzliche Frage. Es gibt ja unterschiedliche Ressorts und Ministerien wie auch das Bundespresseamt, die in diesem starken Jahr der Pandemie, das wir jetzt schon erleben, Anzeigen geschaltet haben. Da wird natürlich grundsätzlich mit Mediaagenturen zusammengearbeitet, um je nach Zielgruppe und Intention einer Anzeige festzulegen, dass sie auch mit bestmöglicher Wirkung platziert wird. Dabei wird wirtschaftliches Verhalten natürlich angestrebt.

Das kann ich so pauschal also nicht sagen. Sie können uns die Frage gern noch einmal schicken, dann werden wir sie schriftlich beantworten. Das ist aber die grundsätzliche Antwort, die ich dazu geben kann.

Frage: Die Frage ist zwar ressortübergreifend, ich möchte sie aber stellvertretend an das Wirtschaftsministerium stellen: Trifft es zu, dass sich die am Lieferkettengesetz beteiligten Ressorts nun auf Bußgeldhöhen und auch zu weiteren strittigen Punkten geeinigt haben? Kommt der Entwurf am Mittwoch ins Kabinett?

Baron: Ich kann hier nur stellvertretend auch für die Kollegen im BMAS und BMZ sprechen. – Die Gespräche und Beratungen zum Lieferkettengesetz dauern an, und wie üblich nehme ich zu Kabinettsterminen vorab keine Stellung.

Zusatzfrage: Aber gibt es diese Einigung schon?

Baron: Zu Details kann ich jetzt keine Stellung nehmen, da wir uns, wie gesagt, noch in laufenden Abstimmungen zu diesem Gesetzentwurf befinden.

Frage: An das BMI zum Thema Rettung auf dem Mittelmeer: Das deutsche Seenotrettungsboot „Sea-Watch 3“ hat in den letzten Tagen 363 Menschen aus Seenot gerettet. Die brauchen jetzt einen sicheren Hafen und flehen die Bundesregierung und damit auch das Innenministerium an, die Aufnahmebereitschaft endlich durchzusetzen. Es gibt ja unzählige sichere Häfen und Städte, die diese Menschen aufnehmen würden.

Dr. Lammert: Vielen Dank für die Frage. – Mir ist kein Schreiben an das Bundesinnenministerium bekannt. Was ich grundsätzlich sagen kann, ist, dass die Organisation der Seenotrettung nach dem Völkerrecht in erster Linie den zuständigen Anrainerstaaten obliegt. Wie Sie wissen, hat sich die Bundesregierung und auch der Bundesinnenminister in der Vergangenheit immer wieder im EU-Kreis dafür eingesetzt, dass es zu zügigen Anlandungen kommt, wenn das nötig ist. Ich kann das in diesem Fall nicht einschätzen, ich habe da keine Informationen in der nötigen Genauigkeit. Das ist der aktuelle Stand.

Zusatzfrage: Sie werden die Seenotrettungsorganisationen ja trotzdem in den Sozialen Medien verfolgen, da bin ich mir ganz sicher. Die meisten Menschen sind jetzt ja auf Lampedusa gestrandet, aber die müssen da ja runter. Was machen Sie?

Dr. Lammert: Ich kann dem, was ich gerade gesagt habe, nichts hinzufügen.

Burger: Ich darf noch eine Antwort zu der Frage von vorhin nach den Seeleuten aus Kiribati nachreichen: Wir bemühen uns mit den Verantwortlichen in Fidschi und Kiribati weiter darum, dass die Seeleute schnell nach Hause zurückkehren können. Es freut uns, dass es über die bisherigen 70 Zusagen hinaus nun weitere Zusagen aus Fidschi gibt. Wir hoffen deshalb, dass es mit der Ausreise nun bald losgehen kann.