„Als ich 13 Jahre alt war, träumte ich davon, es zu schaffen“, gibt die ehemalige Rennfahrerin Susie Wolff in einer Flugzeughalle am Flughafen Tempelhof kurz vor dem 2018 BMW i Berlin E-Prix zu. Sie schrieb 2014 Geschichte, als sie in 22 Jahren die erste Frau war, die an einem Formel-1-Wochenende teilnahm, wo sie beim Grand Prix von Großbritannien beim 1. freien Training dabei war. Ihr Traum war es schon immer gewesen, sich hinter das Steuer zu setzen, seitdem sie als Jugendliche einen jungen Jenson Button in der Formel 3 siegen gesehen hatte. „Da merkte ich, dass ich wirklich eine Rennkarriere machen und eine Rennfahrerin sein könnte … dieses Ziel hatte ich dann ab meinem 13. Lebensjahr.”
In ihren jungen Jahren kämpfte sie wie alle Fahrer bei Kartmeisterschaften und schaffte es 2001 über die Formel Renault schließlich in den Formelsport. Innerhalb von lediglich vier Jahren schaffte sie es in die britische Formel 3, bevor sie 2006, ein Jahr später also, zur DTM kam. „Das veränderte nicht nur die Richtung meiner Karriere, sondern mein ganzes Leben“, gibt sie zu.
Obwohl Wolff im Jahr 2015 eine erfolgreiche Rennkarriere beendete, ist ihre Arbeit noch lange nicht vollbracht. Sie kam zur ABB FIA Formel E Meisterschaft nach Berlin, ihr bislang dritter E-Prix, und ist emsig engagiert, die nächste Generation von Frauen im Motorsport mit ihrer Wohltätigkeitsorganisation Dare to be Different (D2BD) zu inspirieren. Wir sprachen mit ihr während des Events der Organisation, nur wenige Meter von der Strecke entfernt, wie sie sich im Alter von acht Jahren für den Motorsport begeisterte, wie D2BD mehr junge Frauen dazu inspiriert, in der Branche Fuß zu fassen und warum wir Wolff in Zukunft öfter in der Formel E sehen könnten.
Was ist Dare to be Different genau und wie ist die Organisation entstanden?
Dare to be Different ist eine Initiative und eine Wohltätigkeitsorganisation, die ich nach meiner Rennkarriere gegründet habe. Ich wollte zeigen, dass nicht nur Jungs im Motorsport sind. Das war mein Sport über die letzten 25 Jahre, ich war dort erfolgreich und wollte, dass ich die nächste Generation inspiriere, dass mehr Frauen diesen Sport leben und zwar nicht nur auf, sondern auch neben der Strecke.
Warum gibt es Ihrer Meinung nach so wenige Frauen im Motorsport?
Es gibt einfach nicht genügend Frauen, die in den Sport einsteigen. Man muss sehr talentiert sein, um wirklich erfolgreich zu sein und die Formel E und Formel 1 sind das Beste des Motorsports. Um dorthin zu kommen muss man also talentiert sein. Es müssen einfach mehr junge Frauen und Mädchen einsteigen, damit die Besten richtig erfolgreich sein können.
Ist die Anzahl der Frauen in der Branche seit Ihren Anfängen gestiegen?
Wir machen langsame aber stetige Fortschritte. Bei meiner Zeit bei Williams gab es einige erfolgreiche Frauen, mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Das ging vom Engineering bis zum Marketing und sogar Claire Williams, die das Team leitete. Ich hatte also nie wirklich den Eindruck, in einem Männerumfeld zu arbeiten. Manchmal denke ich einfach, dass es ein Vorurteil ist, dass es hier sehr wenige Frauen gibt, wenn man jedoch genau hinsieht, dann sieht man erfolgreiche Frauen. Wir müssen diese Frauen als Vorbilder nehmen, um noch mehr Frauen zu inspirieren.
Wie möchte Dare to be Different eine jüngere Generation von Frauen im Motorsport inspirieren?
Heute war unser erstes Großevent in Deutschland‘. Wir haben 100 Schülerinnen genommen und mit ihnen pädagogische Motorsportaktivitäten gemacht, wie beispielsweise MINT-Spiele, Spiele zur Luftqualität, Fitness-Spiele und eine Fahrt mit einem E-Kart. Es geht wirklich darum, die Mädchen aus ihrem Schulumfeld zu holen und ihnen die verschiedenen Möglichkeiten zu zeigen. Heute war das Besondere, dass sie die Boxengasse der Formel E heruntergehen durften, die Autos aus der Nähe betrachten konnten und Nico Rosberg getroffen haben. Für sie war es also ein wirklich fantastischer Tag.
Wie haben die Mädchen reagiert?
Manchmal haben wir so viel Arbeit bei der Organisation solcher Events, dass man erst merkt, was man wirklich getan hat, wenn man diese 100 Mädchen ankommen sieht. Anfangs sind sie recht nervös und schüchtern, da sie nicht wissen, was sie an einer Rennstrecke machen. Am Ende ist da aber so viel Energie und Leidenschaft und es gab so viele Mädchen, die nur darauf brannten, allen zu erzählen, dass sie Nico Rosberg getroffen haben und ein Kart gefahren sind. Das zeigt wirklich, dass wir einen Unterschied machen.
Können Sie sich da in ihre Rolle versetzen und vorstellen, wieder in ihrem Alter zu sein?
Absolut. Und es gibt in meinem Arbeitsumfeld sehr viele leidenschaftliche Frauen, die sagen, ‚hätte es so etwas nur gegeben, als ich jünger war. Ich wäre dann wohl schon viel früher eingestiegen.‘ Um diesen Sport jedoch zu verändern und mehr Frauen zu engagieren, muss etwas getan werden. Für mich ist es fantastisch, so ein Event auf die Beine zu stellen, denn wir erhalten Unterstützung dabei. Insbesondere die Formel E ist so offen, uns dabei zu haben und dabei zu helfen. So werden wir einen Unterschied machen.
Wann haben Sie sich das erste Mal für den Motorsport begeistert?
Ich hatte das Glück, zu den kleinen Mädchen zu zählen, die wetteifernd waren und die Geschwindigkeit mögen! Meine Eltern kamen aus dem Motorsport: Mein Vater war ein Motorradfahrer und meine Mutter lernte meinen Vater kennen, als sie in seinem Geschäft ihr erstes Motorrad kaufte, das hatte ich also auf gewisse Weise im Blut. Ich war sehr dankbar dafür, meine Leidenschaft früh gefunden zu haben, denn ich liebe den Rennsport wirklich und konnte dort Karriere machen.
Können Sie sich an Ihre erste Erinnerung in Verbindung mit dem Motorsport erinnern?
Das ist interessant, denn bei meinem ersten Mal auf einer Kartstrecke hatte ich ein wenig Angst, da alle um einiges schneller waren und mich anstupsten, als sie vorbeifuhren. Zunächst meinte ich, dass es zu viel wäre. Doch mein Vater sagte ‚okay, kein Problem‘. Wir stellten also das Kart weg und wollten schon nach Hause. Doch da sagte ich ‚nein, nein, nein, lass es mich nochmal versuchen‘. Da zeigte sich das erste Mal mein Wetteifer und von da an war es um mich geschehen.
Wussten Sie da schon, dass Sie eine Rennfahrerin werden möchten?
Nein, im Alter von acht Jahren begann ich in einem Verein mit dem Rennfahren. Es war eher ein Hobby, bis ich mit 13 Jahren zu einem Formel-3-Rennen in Donington Park ging. Ich erinnere mich noch, dass Jenson Button an diesem Tag gewann, da sieht man, wie lange das schon her ist! Und da verstand ich, dass das wirklich meine Karriere sein könnte und ich es vielleicht sogar in die Formel 1 schaffen könnte. Dieses Ziel hatte ich also seit meinem 13. Lebensjahr.
Es ist allseits bekannt, dass es ziemlich schwierig ist, in die Branche hereinzukommen. Standen Sie vor vielen Herausforderungen?
Absolut! Es ist schwierig, in einem Sport zu den Besten zu zählen und man darf nicht vergessen, dass die Formel E und Formel 1 das Beste sind, was der Motorsport zu bieten hat. Denn es gibt dort so viele talentierte junge Fahrer, ohne auf das Geschlecht zu achten, die um ihren Platz an der Sonne kämpfen, das ist also nicht einfach. Bei anderen Sportarten braucht man beispielsweise nur einen Ball und ein Spielfeld, im Motorsport muss man jedoch in ein Auto und ein Team investieren und Tests durchführen. Es gab einige Herausforderungen, letztendlich war es jedoch meine Leidenschaft für den Sport, die mich in harten Zeiten durchhalten ließ.
Glauben Sie, dass Sie als Frau vor mehr Herausforderungen standen?
Das kann ich nicht sagen, da ich nicht weiß, vor wie vielen Herausforderungen die Männer stehen. Ich möchte jedoch glauben, dass dies nicht so ist und dass es für alle Fahrer gleich ist. Der Vorteil unseres Sports ist es, dass wir auf der Strecke einen Helm tragen, man kann also nicht erkennen, ob es eine Frau oder ein Mann ist. Ich habe sehr früh in meiner Karriere verstanden, dass ich mich aufgrund der ganzen Aufmerksamkeit, da ich eine Frau bin, nur auf die Leistung konzentrieren musste. Ich wusste einfach, wenn ich eine gute Leistung auf der Strecke bringen würde, wäre alles andere egal. Deshalb habe ich mich da so reingehangen, auf der Strecke meine Leistung abgerufen und mich nicht von der Geschlechterdebatte aus der Ruhe bringen lassen.
Wenn Sie ein Highlight Ihrer Karriere nennen müssten, was wäre dies?
Ich würde zwei nennen, denn das eine wäre ohne das andere nicht möglich gewesen. Das erste Highlight war mein Durchbruch bei Mercedes Benz in der DTM, das veränderte nicht nur die Richtung meiner Karriere, sondern mein gesamtes Leben. Ich bin für diese Chance sehr dankbar, denn somit konnte ich später ein Formel-1-Auto fahren. Ich denke, dass die Fahrt beim Grand Prix von Großbritannien für das Williams-Team etwas Besonderes war und nie vergessen wird.
Die drei besten Tipps für jemanden, der seine Karriere im Motorsport beginnen möchte?
Leidenschaftlich an den Sport gehen, denn es gibt immer schwierige Momente und nur einen Sieger.
Nicht aufgeben, denn es wird viele Hindernisse geben und man wird oft denken ‚okay, jetzt kann es ja nicht schlimmer werden‘. Doch wenn es hart auf hart kommt, ist das Vorankommen mühsam!
Und die Kraft eines Traums. Als ich 13 Jahre alt war, habe ich davon geträumt, es in die Formel 1 zu schaffen. Man muss also wissen, wohin man möchte, was man erreichen möchte, langfristige und kurzfristige Ziele haben. Wo sieht man sich in drei Jahren? Oder in fünf Jahren? Man muss alles daransetzen, diese Träume umzusetzen, denn man hat mir mal gesagt: ‚Ein Traum ohne Plan, wie man ihn erreichen möchte, ist nur ein Wunschgedanke‘.
Haben Sie mit 13 Jahren je gedacht, dass Sie hinter dem Steuer eines Formel-1-Autos sitzen würden?
Ich stellte mir damals vor, in einem Formel-1-Auto zu sitzen, Träume und Vorstellungen, wo man sein möchte, sind also wichtig. Wenn man sich jedoch die Hindernisse ansieht, die ich überwinden musste, um dorthin zu kommen, war ich sehr stolz, als ich mir endlich meinen Traum erfüllt hatte.
Und ist dies ihr erstes Mal bei der Formel E?
Dies ist nicht mein erstes Mal bei der Formel E, sondern bereits mein dritter E-Prix. Das hier ist eine völlig andere Plattform und ich hat sehr viel Spaß gemacht, zuzusehen.
Was denken Sie über die Meisterschaft im Vergleich mit anderen Motorsportserien?
Der große Unterschied für mich ist es, dass alles nur einen Tag lang dauert. Die Rennen finden in den Innenstädten statt, die Locations sind also fantastisch. Die Tatsache, dass die Rennserie ein ganz neues Publikum anzieht ist super, denn man muss nicht reisen, um drei Tage lang an einer Rennstrecke zu verbringen, die sich mitten im Nirgendwo befindet. Das ist fantastisch für den Sport. Die Rennen sind hart umkämpft und die Fahrer stehen vor einer großen Herausforderung, da alles an einem Tag passiert. Ein Fehler kann also den Renntag stark beeinflussen und die Fahrer müssen das Ganze ganz anders angehen.
Und möchten Sie sich in der Meisterschaft noch mehr engagieren?
Nun ja, da müssen Sie später hier vorbeischauen!