Regierungspressekonferenz vom 3. März 2021

41 Prozent der Bundesbürger meinen, dass Angela Merkel mit den gegenwärtigen Krisen besser fertig würde als der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz. Copyright: Mandoga Media

Themen: Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten, Entwurf eines Inklusionskonzeptes für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Personen für die auswärtige Politik und die Entwicklungszusammenarbeit, Stellungnahme der Bundesregierung zum Neunten Familienbericht), Übertragung des Ergebnisses der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst auf Beamte, COVID-19-Pandemie (Debatte über ein Coronastrategiepapier des Bundesinnenministeriums, Einstufung von Nachbarländern als Risikogebiete, Binnengrenzkontrollen, Virusvarianten, Gespräch der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, Coronapatienten auf Intensivstationen, fremdsprachliche Informationen, Inzidenzgrenzwerte, wirtschaftliche Auswirkungen der hohen Infektionszahlen in Tschechien, Lieferung von Impfstoffen durch Israel, Öffnungsstrategie, Impfverordnung), Medienberichte über eine Beobachtung der AfD durch das BfV, Novellierung des Telekommunikationsgesetzes, Abschiebungen aus Deutschland nach Afghanistan, Indo-Pazifik-Politik der Bundesregierung, diplomatische Beziehungen Marokkos zu Deutschland, Lobbyregistergesetz

Sprecher: SRS’in Demmer, Eichler (BMWi), Mühlhausen (BMAS), Burger (AA), Alter (BMI), Zimmermann (BMJV), Gülde (BMG), Helmbold (BMVg)

Vorsitzender Wolf eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS’in Demmer sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS’in Demmer: Einen schönen guten Tag auch von mir! Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten beschlossen und damit einen Auftrag aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Wir haben hier schon häufiger über das Thema gesprochen. Der Beschlussfassung gingen intensive Diskussionen innerhalb der Bundesregierung voraus. Das Gesetz soll in Deutschland ansässige Unternehmen verpflichten, ihrer globalen Verantwortung in der Lieferkette in Bezug auf die Achtung international anerkannter Menschenrechte besser nachzukommen. Gleichzeitig sollen damit Wettbewerbsnachteile für Unternehmen abgebaut werden, die heute schon freiwillig ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement umsetzen.

Die Verantwortung der Unternehmen erstreckt sich auf die gesamte Lieferkette, abgestuft nach Einflussmöglichkeiten. Die Pflichten müssen durch die Unternehmen in ihrem eigenen Geschäftsbereich sowie gegenüber ihren unmittelbaren Zulieferern umgesetzt werden. Mittelbare Zulieferer werden einbezogen, sobald das Unternehmen von Menschenrechtsverletzungen auf dieser Ebene substantiierte Kenntnis erhält.

Das Gesetz konkretisiert, in welcher Form die Unternehmen ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht erfüllen. Dies beinhaltet, dass sie menschenrechtliche Risiken analysieren, Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergreifen, Beschwerdemöglichkeiten einrichten und über ihre Aktivitäten berichten müssen.

Auch der Umweltschutz spielt hierbei eine wichtige Rolle. Im Entwurf des Sorgfaltspflichtengesetzes ist auch der Umweltschutz erfasst, soweit Umweltrisiken zu Menschenrechtsverletzungen führen können. Zudem werden umweltbezogene Pflichten etabliert, die sich aus zwei internationalen Abkommen zum Schutz vor den Gesundheits- und Umweltgefahren durch Quecksilber und langlebige organische Schadstoffe ergeben. Der Gesetzentwurf ist damit ein wichtiger Schritt und ein Signal für die Stärkung von Umweltschutz in den Lieferketten. Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, auf dieser Basis sowie auf Basis der Ratsschlussfolgerungen zu Menschenrechten und menschenwürdiger Arbeit in globalen Lieferketten die umweltbezogenen Sorgfaltspflichten im Rahmen kommender Gesetzgebungsprozesse auf EU-Ebene europaeinheitlich zu stärken.

Dann hat die Bundesregierung heute den Entwurf des Inklusionskonzeptes für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Personen für die auswärtige Politik und die Entwicklungszusammenarbeit beschlossen. Dies ist ein wichtiger Schritt. Denn LSBTI-Personen sind überproportional von Gewalt, Armut und Diskriminierung betroffen. Das Inklusionskonzept greift zentrale Forderungen der Zivilgesellschaft auf, wie etwa LSBTI-Themen in den Kontext der Menschenrechte einzubetten oder auf die besondere Schutzwürdigkeit von Minderjährigen einzugehen. Der weltweite Einsatz für die Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, transgeschlechtlichen und intergeschlechtlichen Menschen ist ein langfristiger Schwerpunkt der deutschen Menschenrechtspolitik. Die Bundesregierung will im internationalen menschenrechtlichen Dialog eine Vorreiterrolle für die Achtung, den Schutz und die Gewährleistung der Menschenrechte von LSBTI-Personen, einnehmen.

Das Kabinett hat heute eine Stellungnahme der Bundesregierung zum Neunten Familienbericht „Eltern sein in Deutschland“ beschlossen. Als Handlungsgrundlage für die Politik untersucht der Familienbericht, der von einer unabhängigen Expertenkommission erstellt wird, regelmäßig die Situation von Familien in Deutschland. In dieser Legislaturperiode stehen dabei die Bedürfnisse von Eltern im Mittelpunkt. Der Neunte Familienbericht enthält eine umfassende Bestandsaufnahme der Situation von Eltern in Deutschland. Er nimmt deren soziale und wirtschaftliche Lage, sowie Herausforderungen und Wünsche in den Blick.

Die Sachverständigen haben herausgearbeitet, dass Eltern zu sein heutzutage anspruchsvoller geworden ist. Das zeigt sich beispielsweise an einem Wandel der Geschlechterrollen, komplexeren Familienstrukturen oder auch den Herausforderungen der Digitalisierung, die die Anforderungen an die Erziehung von Kindern verändert hat.

Die Kommission gibt Empfehlungen, wie Eltern und Familien durch Politik wirkungsvoll unterstützt werden können. Sie betont, dass die zunehmend anspruchsvolle Aufgabe von Eltern als gemeinschaftliche Aufgabe zu verstehen ist, bei der Eltern Kooperation und Unterstützung von Partnern in Bund, Ländern und Kommunen, sowie in Bildungsinstitutionen und Unternehmen benötigen, dass Betreuungs-, und Beratungsangebote der Lebensrealität von Familien und den Ressourcen von Eltern entsprechen müssen, dass der Ausbau der Kinderbetreuung fortgesetzt werden muss, hier insbesondere der geplante Anspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder, und dass Familienpolitik auf die Lebensrealitäten von Familien die passenden Antworten finden müsse, beispielsweise bei der Anpassung des Rechts an die vielfältigen Familienformen. Zudem betont die Kommission, dass bestimmte familienpolitische Maßnahmen weiterentwickelt werden sollten. Dazu zählen Maßnahmen, die die Erwerbstätigkeit von Eltern stärken und damit dazu beitragen, die wirtschaftliche Existenz von Familien abzusichern. Dabei rückt die Anforderung, die partnerschaftliche Aufteilung der Verantwortung für Familie und Beruf zu befördern, weiter in den Vordergrund.

Frage: An das federführende Ressort, das BMWi: Was verstehen Sie eigentlich unter einer Lieferkette? Denn aktuell ist es so geplant, dass nur direkte Vertragspartner, also nur der nächste Teil der Kette, unter diese Regelung fallen. Dabei verläuft eine Lieferkette ja von ganz am Anfang bis ganz zum Schluss.

Eichler: Ich darf darauf verweisen, dass nicht wir die Federführenden sind, sondern das BMAS.

Zusatzfrage: Soll ich dann die fragen? – Bitte!

Mühlhausen: Die Bundesregierung verpflichtet mit dem Lieferkettengesetz jetzt, wie schon gesagt wurde, deutsche Unternehmen, Menschenrechte in ihrer gesamten Lieferkette einzuhalten. Die Verantwortung der Unternehmen erstreckt sich dabei auch über die gesamte Lieferkette, das heißt, von dem ersten Ort, an dem etwas geschaffen wird, bis zum Unternehmen selbst. Dabei trägt das Unternehmen – das wurde auch schon gesagt – in einem Abstufungsprozess die Verantwortung für die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht, nämlich zunächst für die unmittelbaren Zulieferer. Aber auch bei mittelbaren Zulieferern werden die Unternehmen, sobald Kenntnis davon erlangt wird, dass gegen Menschenrechte verstoßen wird, in die Pflicht genommen, Menschenrechte zu achten und Abhilfe zu schaffen.

Zusatz: Korrigieren Sie mich, wenn ich damit falsch liege, aber nur die erste Stufe der Lieferkette, die direkten Vertragspartner, fällt effektiv unter die Kontrolle des Gesetzes. Damit kann man doch nicht mehr von einem Lieferkettengesetz sprechen.

Mühlhausen: Doch, weil – das bezieht sich auf die ganze Lieferkette – gehandelt werden muss, sobald das Unternehmen Kenntnis davon hat, dass gegen menschenrechtliche Sorgfaltspflicht verstoßen wird.

Frage: Es gibt, meine ich, keine Haftung der Unternehmen zur Erfüllung dieser Verpflichtung. Das heißt, dass die Kontrolle die entscheidende Frage sein wird. Damit bin ich vielleicht doch wieder beim BMWi. Denn für die Kontrolle ist das Bundesamt BAFA zuständig, das Ihnen zugeordnet ist. Dort sind, denke ich, 65 Vollzeitstellen für die Kontrolle zuständig. Wie können 65 Menschen die Arbeit von mindestens 3000 Unternehmen im Hinblick auf Lieferketten kontrollieren? Das ist doch ein zahnloser Tiger.

Eichler: Diese Sicht mache ich mir hier ausdrücklich nicht zu eigen. Es stimmt, dass das BAFA die Einhaltung der Pflichten, die im Sorgfaltspflichtengesetz festgelegt werden, kontrolliert. Das BAFA ist dazu ausgestattet. 65 Mitarbeiter sind ja nicht wenig.

In Hinsicht auf die konkrete Umsetzung der Kontrolle müssten Sie bitte direkt beim BAFA nachfragen.

Zusatzfrage: Aber das BAFA ist doch, wie gesagt, Ihr Ressortbereich, und Sie vertreten das Ressort hier. Könnten Sie bitte nachliefern – das sind ja pro Mitarbeiter etwa 30 Unternehmen mit vermutlich vielen Lieferverträgen -, wie da eine effektive Kontrolle gewährleistet sein soll? Es wäre schön, wenn Sie das nachliefern könnten.

Eichler: Ich kann schauen, was sich machen lässt, weise aber noch einmal darauf hin, dass das BAFA – ja, es ist eine dem BMWi nachgeordnete Behörde – diese Kontrolle eigenverantwortlich vornimmt und insofern sicherlich der bessere Ansprechpartner ist. Ich kann aber einmal schauen, was ich Ihnen dazu noch schicken kann.

Frage: Herr Mühlhausen, ab 2023 fallen gerade einmal 600 deutsche Unternehmen unter dieses Gesetz, ab 2024 ca. 2900 Betriebe mit 1000 Angestellten. Das macht ja nur 0,1 Prozent der deutschen Wirtschaft aus. Sie wollen ja nicht, dass nur 0,1 Prozent der deutschen Wirtschaft für Menschenrechte zuständig sind.

Wann fallen auch die restlichen 99,9 Prozent der deutschen Wirtschaft unter dieses Lieferkettengesetz?

Mühlhausen: Vereinbart wurde jetzt, wie Sie sagen, dass das Gesetz ab 2023 für Unternehmen mit 3000 Beschäftigten gilt, ab 2024 dann für Unternehmen mit 1000 Beschäftigten. Im Gesetz ist aber auch festgehalten, dass es zu einem späteren Zeitpunkt evaluiert und dass dann geschaut wird, inwiefern auch diese Größe eventuell ausgebaut werden muss.

Zusatzfrage: Herr Burger, was bedeutet die LGBTI-Richtlinie für die Arbeit Deutschlands in Ländern mit homophoben Regimen?

Burger: LSBTI-Rechte sind Menschenrechte und deswegen Teil unserer Menschenrechtspolitik. Natürlich ist es gerade in Ländern, in denen die Rechte von LSBTI-Menschen eingeschränkt sind, ein besonders dringendes Thema für unsere Menschenrechtsarbeit vor Ort, sowohl was die Ansprache und das Einfordern der Einhaltung von Menschenrechtsstandards gegenüber den dortigen Regierungen angeht, als auch was natürlich die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in diesen Ländern angeht, die gerade unter solchen Bedingungen natürlich unter besonderem Druck steht, weswegen das einer großen Sensibilität bedarf.

Zusatzfrage: Aber was bedeutet das konkret für die Arbeit zum Beispiel in Saudi-Arabien? Macht das Auswärtige Amt oder die deutsche Botschaft denn – keine Ahnung – Plakatwerbung für LGBTI-Rechte in Saudi-Arabien? Was soll das heißen?

Burger: Ich weiß nicht, ob Sie damit andeuten wollen, dass das Ihrer Meinung nach eine sinnvolle Art wäre, dieses Thema in Saudi-Arabien zu bearbeiten.

Ich habe es gerade darzustellen versucht. Es gibt Länder, in denen die Rechte von LSBTI-Personen eingeschränkt sind. Es gibt leider auch eine ganze Reihe von Staaten auf der Welt, in denen auf Homosexualität die Todesstrafe steht. Dort muss man natürlich gerade auch im Interesse der Betroffenen mit diesem Thema in der Öffentlichkeit sehr sensibel umgehen, weil man seine Ansprechpartner ja nicht gefährden und insbesondere nicht der Gefährdung einer Strafverfolgung oder einer Todesstrafe aussetzen will. Deswegen muss diese Arbeit von Land zu Land in einer jeweils anderen Art und Weise stattfinden, und in Ländern, in denen es einen entsprechenden Verfolgungsdruck gibt, natürlich besonders sensibel, um die Ansprechpartner vor Ort nicht zu gefährden. Aber genauso ist es natürlich ein Teil unserer Arbeit, dass wir gegenüber den Regierungen mit Nachdruck dafür werben, dass solche Benachteiligungen oder sogar Verfolgungen beendet werden. Denn das ist aus unserer Sicht eine Menschenrechtsfrage.

Alter: Ich will Sie darüber informieren, dass sich die Bundesregierung entschieden hat, das Tarifergebnis für den öffentlichen Dienst für die Beamten zu übertragen. Das bedeutet, das zum Stichtag des 1. Aprils eine Anhebung um 1,2 Prozent und zum 1. April des kommenden Jahres um 1,8 Prozent erfolgen wird. Diese Anhebung wird in diesem Jahr zum Stichtag des 1. Aprils nicht vollzogen für die Ebene der Ministerinnen und Minister, der Parlamentarischen Staatssekretärinnen und Staatssekretäre sowie der beamteten Staatssekretärinnen und Staatssekretäre und auch nicht für die Gehaltsgruppen R10.

Frage: Herr Alter, noch einmal zum Maoisten, der bei der Studie für Sie mitgemacht hat: Hat sich der Staatssekretär für ihn an der Universität Lausanne eingesetzt oder nicht?

Alter: Die Frage gibt mir Gelegenheit, den Sachverhalt noch einmal darzustellen, wie wir es hier ja schon zweimal getan haben. Das Bundesinnenministerium hat Anfang des vergangenen Jahres eine Handvoll Wissenschaftler, die bekannt waren oder durch ihre Veröffentlichungen bekannt wurden, angesprochen und sie gebeten, ihre Expertise für die Pandemiebekämpfung zur Verfügung zu stellen. Das hatten die Wissenschaftler angeboten. Sie haben das getan, ohne dafür in einem Vertragsverhältnis zu stehen oder dafür bezahlt zu werden.

Diese Wissenschaftler haben ihrerseits wiederum Experten in den Kreis der Arbeitsgruppe hinzugezogen. An der Bestellung dieser weiteren Experten war das BMI nicht beteiligt. Die Person, die Sie hier ansprechen, ist dem BMI nicht persönlich bekannt. Auf Bitte eines der von uns angesprochenen Wissenschaftler gab es dann einen Schriftverkehr, den Sie auch in der Zeitung schon abgedruckt lesen konnten. Dieser Schriftverkehr existiert. Aber, noch einmal gesagt, wichtig ist die Information: Diese Person wurde weder vom BMI beauftragt noch ist sie im BMI persönlich bekannt.

Frage: Zur AfD und dem Verfassungsschutz: Werden auch die Arbeit und der Austausch der AfD beziehungsweise der Desiderius-Erasmus-Stiftung mit politischen Parteien und Partnern im Ausland beobachtet? Wird auch geprüft, ob die Inhalte der politischen Bildungsarbeit dieser Stiftung verfassungskonform sind?

Alter: Mit Blick auf ein laufendes Verfahren und aus Respekt vor dem Gericht äußert sich das Bundesinnenministerium zu diesem Fallkomplex nicht öffentlich.

Frage: Es geht um die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes. Gestern ist ein Papier aus dem BMI geleakt worden, Herr Alter, in dem es um einen Angriff auf die Kommunikationsfreiheit geht. Ich würde auch das BMJV bitten, auf das Podium zu kommen.

Aber Sie, Herr Alter, können ja erst einmal erklären, warum das Innenministerium versucht, dass Nutzer von WhatsApp, Skype, Signal, Threema, Telegram, Facebook und E-Mail-Systemen – nummernunabhängige interpersonelle Telekommunikationsdienste – ihre Personalien bei den jeweiligen Anbietern verifiziert hinterlegen müssen.

Alter: Das ist nicht – – –

Zuruf: Das wäre ja eine elektronische Totalüberwachung!

Alter: Zunächst einmal ist es so, dass sich das BMI im Grundsatz nicht zu etwaig geleakten oder öffentlich bekannt gewordenen Dokumenten äußert, die nicht von uns selbst veröffentlicht worden sind. Es ist aber richtig, dass sich das Telekommunikationsgesetz derzeit im parlamentarischen Verfahren befindet und in diesen Gesetzgebungsprozess natürlich auch sicherheitspolitische Forderungen des BMI aufgenommen wurden.

Die sicherheitspolitischen Forderungen, die wir formuliert haben, basieren auf dem Koalitionsvertrag. Darin ist unter anderem aufgeführt, dass die Befugnisse der Polizei zu Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis und zum Schutz der Bevölkerung keinen Unterschied dazwischen machen darf, ob sich die Nutzer zur Kommunikation der klassischen Telefonie bedienen oder auf verschlüsselte Telekommunikationsdienste zurückgreifen. Ich glaube, es ist auch einleuchtend, dass die Sicherheitsbehörden in Deutschland, wenn sie ihrem Auftrag nachgehen wollen, die Befugnisse in der analogen Welt genauso wie in der digitalen Welt zur Verfügung haben müssen, weil sich das Kommunikationsverhalten in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert hat. Darauf muss es Antworten geben.

Zusatzfrage: Es geht ja um die Daten aller Bürger, die Sie flächendeckend anlasslos speichern wollen. Es geht ja nicht nur um die Vorratsdatenspeicherung der IP-Adressen, sondern Sie wollen damit ja jetzt eine Personenvorratsdatenspeicherung einführen, und zwar anlasslos. Inwiefern ist das verhältnismäßig und grundgesetzkonform, und wie bewertet das Justizministerium diese Vorschläge?

Alter: Wenn Sie einen Telefonvertrag über ein Festnetztelefon abschließen, dann sind bei Ihrem Telefonanbieter bestimmte Daten hinterlegt. Das ist etwas, das auch überhaupt nicht infrage gestellt wird. Wenn es um die Verfolgung von sehr schwerwiegenden Straftaten geht, dann können diese Daten unter Einbeziehung von Gerichten und richterlichen Entscheidungen auch abgefordert werden.

Diese sicherheitspolitische Forderung, um die es jetzt geht, soll doch nur sicherstellen, dass ein gleiches Maß an Informationsmöglichkeiten für die Sicherheitsbehörden auch dann besteht, wenn andere Kommunikationswege genutzt werden. Es dient letztlich der Verfolgung von schweren Straftaten. Die Daten werden auch nicht anlasslos gesammelt, sondern sie werden im jeweiligen Einzelfall auf der Basis rechtlicher Befugnisse und unter Beteiligung richterlicher Entscheidungen beim jeweiligen Anbieter abgefordert. Es gibt eben Situationen, in denen die Verfolgung von Straftaten es erfordert, dass man die Anonymität von Personen aufhebt. Das ist das Ziel dieses Vorgehens.

Zimmermann: Das fachlich zuständige Ministerium hat sich ja dazu geäußert. Das Vorhaben befindet sich im parlamentarischen Verfahren. Dazu habe ich im Moment keine Anmerkungen zu machen.

Frage: Herr Zimmermann, aber das betrifft ja nicht nur die Anbieter von Diensten, sondern zum Beispiel auch Internetcafés, Krankenhäuser, Hotels. Die sollen verpflichtet werden, all diese Daten zu speichern. Das heißt, es werden auf vielen verschiedenen Ebenen sozusagen Sammeldatenbanken aller User mit allen personenbezogenen Daten geschaffen, auf die dann zugegriffen werden kann. Das hat eine andere Dimension, als wenn man sagt, es gehe um den Festnetztelefonanbieter. Ist das juristisch zulässig? Das ist nämlich dann eben doch eine Form von anlassloser Vorratsdatenspeicherung, noch nicht einmal bei den Strafverfolgungsbehörden, sondern zunächst bei allen Anbietern.

Zusatzfrage: Bei Unternehmensplattformen wie Yahoo und anderen, die auf Verkauf basieren, kann man die reine Nutzer-ID und zum Beispiel altersbezogene Daten, die dann für Werbung und zielgerichtetes Ansprechen nutzbar gemacht werden können, gar nicht voneinander trennen. Ist es juristisch zulässig, dass eine so breite Datensammlung dezentral stattfindet?

Zimmermann: Weil es sich hierbei um eine Diskussion im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens handelt, kann ich dazu keine Stellung nehmen.

Frage: Meine Frage bezieht sich auf Hochrisikogebiete, weil Polen seit den letzten Tagen auf eine Inzidenz von 200 Fällen pro 100 000 Einwohner zusteuert. Bedeutet das, dass Polen oder zum Beispiel Frankreich, wo der Wert schon 235 beträgt, automatisch als Hochrisikogebiete eingestuft werden, oder werden Sie das individuell beurteilen?

Alter: Sie wissen ja, dass eine Arbeitsgruppe regelmäßig über die Einstufung von Ländern als Risikogebiete, Hochrisikogebiete oder Virusvariantengebiete entscheidet. Sie hat natürlich die Infektionsentwicklung insbesondere in unseren Nachbarländern sehr stark im Blick. Auch in dieser Woche wird sich diese Arbeitsgruppe wieder mit der Frage beschäftigen, ob es Veränderungen an der bisherigen Einstufung geben muss.

Ich will nur darauf hinweisen, dass die Inzidenz, die an einem bestimmten Tag erreicht wird, nicht alleiniges Kriterium für eine Einstufung ist, sondern es muss natürlich auch einen gewissen Trend geben. Wir haben es in anderem Zusammenhang schon einmal gehört: Es bedarf einer gewissen Stabilität des Infektionsgeschehens. Ausreißer an einem Tag führen natürlich nicht dazu.

Es werden auch weitere Faktoren einbezogen, etwa die Maßnahmen, die das Land selbst trifft, und die Frage, wie sozusagen wir in Deutschland durch das Infektionsgeschehen in dem jeweiligen Land beeinflusst werden. Dabei kann es auch Unterschiede geben.

Dieser Prozess läuft. Das ist ein regelmäßiger Prozess. Entscheidungen sind aber für Polen im Moment nicht getroffen worden.

Frage: Herr Alter, im vergangenen Jahr gab es ja, soweit ich das beobachtet habe, keine Abschiebungen nach Afghanistan. Das wurde unter anderem auch mit der pandemischen Lage begründet, offenbar auch auf Wunsch der Regierung in Kabul. Jetzt hat es ja wieder einige Abschiebungen gegeben. Es hat auch einige Gerichtsverfahren dagegen gegeben. Was ist denn jetzt konkret der Unterschied zum vergangenen Jahr? Sind weitere Abschiebungen nach Afghanistan geplant?

Alter: Wir stehen natürlich mit der afghanischen Regierung bezüglich allerlei Themen in Kontakt, unter anderem auch der Frage von Rückführungen. Im vergangenen Jahr – das haben Sie zutreffend beschrieben – ist man übereingekommen, dass man mit Blick auf die Coronasituation – im Übrigen in beiden Ländern – die Rückführungen einstweilig aussetzt. Aber die Gespräche finden statt und werden fortgeführt. Im Laufe dieser Gespräche ist man übereingekommen, das Rückführungsgeschäft auch mit Afghanistan wieder aufzunehmen.

Sie haben zutreffenderweise gesagt: Es sind bereits Abschiebungen erfolgt. Sofern die Länder, die ja für Rückführungen formell zuständig sind, Rückzuführende an den Bund melden, wird der Bund dann selbstverständlich die logistische Unterstützung und auch den Vollzug der Abschiebung gewährleisten.

Zusatzfrage: Aber wenn die Pandemie in beiden Ländern im vergangenen Jahr der Grund für die Aussetzung war – so habe ich das verstanden -, wo ist dann jetzt die neue Lage? Die Pandemie herrscht ja nach wie vor weltweit. Es gibt eine Mutation. Ich kann mir vorstellen, dass allein der Transport und der Flug nach Afghanistan natürlich auch unter erschwerten Bedingungen stattfinden. Wie ist man also zu dem Schluss gekommen, dass jetzt geht, was im vergangenen Jahr nicht ging?

Alter: Zunächst einmal sind natürlich alle vorbereitenden Maßnahmen, die in Deutschland stattfinden, auch auf das Infektionsgeschehen abgestimmt. Das heißt also, man achtet sehr genau darauf, dass man nicht abschiebt, wenn eine Coronainfektion vorliegt. Das wird natürlich vorher getestet. Auch während des Fluges gibt es entsprechende Vorkehrungen.

Wenn die afghanische Regierung signalisiert, dass sie das grundsätzlich wieder für möglich hält, dann wird das von uns nicht im Detail hinterfragt, sondern das ist ein Signal, das wir im laufenden Gesprächsprozess entgegennehmen würden. Wenn diese Übereinkunft existiert, dann finden Abschiebungen von Personen aus Deutschland, die ausreisepflichtig sind, auch statt.

Frage: Ich müsste noch einmal auf die Frage der Virusvariantengebiete und die Grenzkontrollen zurückkommen, die das betrifft. Herr Alter, vielleicht können Sie uns einmal sagen, ob sich an den Grenzen zu Österreich, Tirol und Tschechien irgendetwas ändert. Werden die Grenzkontrollen verlängert?

Ab wann wird Deutschland eigentlich keine Virusvariantengebiete mehr ausweisen? Das Virus hat sich ja nämlich auch in Deutschland schon sehr stark verbreitet. Die Schätzungen gehen ja von 40 Prozent bis 50 Prozent aus. Müsste man dann also nicht einfach einmal aufhören, andere Gebiete als Variantengebiete einzustufen?

Alter: Zur ersten Frage: Der Bundesinnenminister hat heute entschieden, dass die vorübergehenden Binnengrenzkontrollen an der Grenze zu Tschechien und auch an der Grenze zu Österreich mit dem Bundesland Tirol zunächst bis zum 17. März 2021 verlängert werden. Wir sehen im Moment eine verschlechterte Infektionslage in Tschechien und eine nach wie vor stabile, jedenfalls nicht verbesserte Infektionslage in Tirol, was es im Moment erforderlich macht, diese Maßnahmen zu verlängern.

Wir befinden uns insbesondere mit Österreich in intensiven Gesprächen, um Lösungen zu finden – Abstimmungen von Maßnahmen, Kooperationswege und Ähnliches -, um dabei auch Schritte voranzukommen. Wir sehen ja, dass an der Grenze zu Frankreich beispielsweise ein anderes, mit allen Beteiligten abgestimmtes Vorgehen gewählt wurde, insbesondere auch nach der Einschätzung der jeweiligen Bundesländer, die das für notwendig oder angemessen hielten. Diese Gespräche laufen, aber die Verlängerungsentscheidung ist zunächst einmal getroffen worden.

Zu Ihrer zweiten Frage: Ich kann noch einmal wiederholen, dass der Einstufung von Virusvariantengebieten unterschiedliche Faktoren zugrunde liegen. Die Inzidenz und die Anzahl der Mutationen, die nachgewiesen sind, sind ein wesentlicher Faktor; das kann das BMG möglicherweise auch noch einmal ergänzen. Aber es spielen auch weitere Fragen eine Rolle, nämlich beispielsweise, welche Maßnahmen gegen die Ausbreitung in dem jeweiligen Land getroffen werden und wie stark wir in Deutschland von der Ausbreitung der Mutation betroffen sind.

Die Einstufung als solche – also sozusagen als ein Virusvariantengebiet, gemessen an der Anzahl der vorgekommenen oder nachgewiesenen Mutationen – ist ja letztlich eine Einschätzung, die mehr oder weniger auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht. Die dahinter stehenden Folgemaßnahmen sind politische Entscheidungen. Die muss man davon getrennt betrachten.

Gülde: Ich kann das, was Herr Alter gerade ausgeführt hat, gerne noch ergänzen. Grundsätzlich ist es ja so, dass der Einstufung als ein Virusvariantengebiet halt unter anderem die Zahlen des Vergleichs zu Deutschland zugrunde legt. Wenn man also im Ausland tatsächlich eine höhere Virusvariantenkonzentration feststellt, dann gilt immer dieser Bezug zu Deutschland.

Ich möchte auch gleich darauf verweisen – Herr Alter hat das gerade auch schon ausgeführt -, dass es ja unterschiedliche Virusvarianten gibt, über die wir gerade sprechen. Da möchte ich gerne einmal auf das Beispiel des Départements Moselle kommen, das am vergangenen Wochenende als Virusvariantengebiet eingestuft worden ist. Da sprechen wir von der Virusvariante B.1.351, also der Variante, die gemeinhin als die südafrikanische bezeichnet wird. Der Anteil dieser Variante liegt in Moselle bei 50 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Anteil bei etwa einem Prozent.

Frage: Herr Alter, habe ich Sie richtig verstanden, dass die Maßnahmen an den Grenzen zu Tirol und Tschechien erst einmal unverändert weiter gelten? Oder gibt es doch schon Abstriche bei einigen Regionen?

Alter: Das haben Sie richtig verstanden: Im Moment ist entschieden, dass es so weitergeht wie bisher. Die Gespräche werden aber sehr eng und auf allen Ebenen geführt, und man wird sehen, welche Ergebnisse da erzielt werden können.

Frage: An das BMG: Wie ist die Verfolgbarkeit von Coronainfektionen und Betroffenen mit Coronainfektionen bei einer Inzidenz von 100, inwiefern schaffen das die Gesundheitsämter?

An Frau Demmer: Ich ahne, dass Sie uns nicht viel zu dem Termin mit den Ministerpräsidenten heute Abend sagen mögen, möchte aber dennoch einmal grundsätzlich fragen: Ist die Bundeskanzlerin sozusagen nach wie vor im „Team Vorsicht“, oder ist sie mittlerweile doch eher bereit, Öffnungen zu akzeptieren? Welche Rolle spielen dabei sogenannte Notbremsen?

Gülde: Ich möchte einmal anfangen. – Wie Sie wissen, haben Bund und Länder sich darauf geeinigt, dass eine Inzidenz von unter 50 beziehungsweise unter 35 anzustreben ist. Grundlage hierfür ist unter anderem auch noch eine korrekte Nachverfolgbarkeit des Ausbruchsgeschehens seitens der Gesundheitsämter. Das heißt aber wiederum im Umkehrschluss nicht, dass Gesundheitsämter im Einzelfall nicht auch Inzidenzen von beispielsweise 100 handhaben können. Das hängt dann natürlich jeweils von der individuellen Ausstattung des Gesundheitsamts ab. Grundsätzlich ist es aber – das sind die Rückmeldungen, die wir aus den Gesundheitsämtern bekommen -, dass die Gesundheitsämter weiterhin am Anschlag arbeiten, und Inzidenzen von über 50 sind dann mitunter schon problematisch für die Gesundheitsämter zu handhaben.

SRS’in Demmer: Der Wunsch nach Lockerungen ist natürlich verständlich. Erste wichtige Öffnungsschritte sind in den Schulen und Kitas ja getan; weitere sind am Montag hinzugekommen – die Friseure und in einigen Bundesländern auch Baumärkte und Gärtenmärkte. Wie Sie wissen, liegen eine ganze Reihe von Vorschlägen und Anregungen für den Termin, der gar nicht heute Abend ist, sondern schon um 14 Uhr beginnt, vor. Sie kennen auch die Infektionslage – Herr Seibert hat sich dazu ja auch schon am Montag geäußert. Es gibt bei einigen Kennziffern gute Nachrichten: Zum Beispiel stagnieren die Zahlen bei der Belegung der Intensivbetten oder der Inzidenz bei den Hochaltrigen. Wir sehen aber auch steigende Zahlen, und die deutlich infektiöseren Virusmutationen bleiben eine große Gefahr.

Ich würde trotzdem gerne noch einmal darauf hinweisen: Im EU-Durchschnitt liegen wir ja vergleichsweise gut. Das haben wir durch große Kraftanstrengungen erreicht. Wir haben da sehr viel erreicht und uns dadurch Spielräume erarbeitet. Deshalb können wir jetzt über Öffnungsschritte sprechen. Die sind aber natürlich – darauf hat auch die Kanzlerin immer wieder hingewiesen – mit Umsicht und Vorsicht zu begleiten. Das Ziel ist einfach, dass das, was wir aufmachen, auch offenbleiben können sollte.

Gleich kommen eben die Regierungschefinnen und -chefs der Länder mit der Bundeskanzlerin zu ihren Beratungen zusammen. Es ist eine schwierige Aufgabe, da einen guten und verantwortungsvollen Weg für eine sichere und auch gerechte Öffnungsstrategie zu finden. Wie Sie schon antizipiert haben, kann ich den Ergebnissen dieser Beratungen hier nicht vorgreifen.

Frage: An das Wirtschafts- und Finanzministerium: In der Beschlussvorlage zur Ministerpräsidentenkonferenz heißt es, der Härtefallfonds werde hälftig von Bund und Ländern finanziert. Besteht darüber jetzt Einigkeit mit den Ländern, die vor einigen Tagen ja noch sehr zurückhaltend waren? Wie viel Geld steuern beide Seiten jeweils bei?

Eichler: Auch ich möchte ich den heutigen Beratungen nicht vorgreifen und würde es jetzt erst einmal dabei belassen. Wir werden dazu dann im Nachgang informieren.

Frage: An das Bundesgesundheitsministerium: Es gibt einen Medienbericht, dass angeblich 90 Prozent oder sogar über 90 Prozent aller auf Intensivstationen liegenden schwerstkranken Coronapatienten einen Migrationshintergrund haben. Können Sie das bestätigen? Was wäre die Quelle dafür?

Gülde: Nein, diesen Bericht kann ich in der Tat nicht bestätigen, einfach aufgrund der Tatsache, dass solche Zahlen nicht erhoben werden. Grundlage für die medizinische Behandlung in Krankenhäusern sind unter anderem der Versicherungsstatus, das Alter und der Name des Patienten, aber diese Daten werden ja nicht irgendwie an das Bundesgesundheitsministerium oder an das RKI weitergegeben. Insofern liegen solche Daten tatsächlich nicht vor.

Das Robert-Koch-Institut hat sich heute Morgen auch zu diesem Sachverhalt geäußert. Grundlage dieser Berichterstattung war wohl ein vertrauliches Gespräch, unter anderem auch mit Herrn Wieler und einigen Ärzten, die auf Intensivstationen tätig sind. Da ist meines Wissens unter anderem die Zahl 50 Prozent gefallen. Das waren wohl Ärzte, die auf drei Intensivstationen von Krankenhäusern in Großstädten gearbeitet haben. Aber wie gesagt, das kann ich nicht nachvollziehen. Das war ein vertrauliches Gespräch, und aus diesem kann ich nicht zitieren. Die Zahlen, die in dem von Ihnen angesprochenen Bericht auftauchen, kann ich aber in der Tat nicht bestätigen.

Zusatzfrage: Dahinter könnte ja ein Problem stecken – egal wie groß die Zahl jetzt ist -, nämlich die Frage, ob die Bundesregierung mit ihren Fremdsprachenangeboten bei der Aufklärung zu Corona auch die Adressaten erreicht. Haben Sie darüber Erkenntnisse?

Gülde: Grundsätzlich haben wir immer wieder hingewiesen – unter anderem über das Robert-Koch-Institut -, dass Sprachbarrieren und der unterschiedliche Zugang zu Gesundheitsinformationen natürlich auch ganz wesentliche Faktoren für den Gesundheitszustand von Menschen darstellen. Das ist auch eine Frage, die beispielsweise in der Gesundheitsberichterstattung des Bundes immer wieder aufgeworfen wird. Weitere Dinge, die dabei eine entscheidende Rolle spielen können, sind zum Beispiel sozioökonomische Faktoren, also die Arbeitswelt, die Lebensumstände und Wohnverhältnisse.

Was ich jetzt vonseiten des Bundes über das Informationsangebot sagen kann, ist, dass wir dieses Angebot natürlich auch massiv ausgebaut haben. Wir haben zu Beginn der Krise damit angefangen; da haben wir mit dem Ethno-Medizinischen Zentrum zusammengearbeitet und gemeinsam Infoflyer in 22 Sprachen herausgegeben. Auf zusammengegencorona.de stellen wir inzwischen die Artikel auch auf Deutsch, Englisch, Türkisch und Russisch zur Verfügung. Auch das Infomaterial beispielsweise zur Impfkampagne wird mittlerweile in zehn Fremdsprachen übersetzt. Auch die Servicenummer 116 117 wird ab Mitte März in vier weiteren Sprachen, nämlich Englisch, Türkisch, Arabisch und Russisch, zur Verfügung stehen.

SRS’in Demmer: Ich würde das gerne ergänzen. Wir nehmen das natürlich sehr ernst, und das ist uns von Beginn an, also seit wir mit der Pandemie leben und umgehen, sehr wichtig gewesen. Wir haben unser fremdsprachliches Angebot stark ausgebaut. Ich kann in diesem Zusammenhang auf die Webseite www.bundesregierung.de verweisen, wo die wichtigsten Informationen mehrsprachig zur Verfügung stehen. Wir haben darüber hinaus aber auch Interviews in fremdsprachlichen Medien gegeben, um eben noch mehr Leute zu erreichen. Wir scheuen da also keine Anstrengungen.

Frage: An das BMG: Auf welcher Ebene gelten die Inzidenzgrenzwerte für Flächenländer: auf Kreisebene, auf Regierungsbezirksebene oder grundsätzlich auf Länderebene?

Gülde: Das regeln die Länder tatsächlich in eigener Verantwortlichkeit.

Frage: An das Wirtschaftsministerium: Tschechien mit seiner hohen Inzidenz ist eben schon erwähnt worden. Laut Berichten gibt es in Tschechien Überlegungen, möglicherweise Betriebe zu schließen, weil die Infektionszahlen so hoch sind. Haben Sie darüber Kenntnis? Gibt es Gespräche oder Informationen darüber, dass möglicherweise Lieferketten der ja doch sehr stark mit deutschen Konzernen integrierten tschechischen Industrie betroffen sein könnten?

Eichler: Dazu kann ich Ihnen nichts sagen, da sind mir keine Einschränkungen bekannt.

Frage: An Frau Demmer beziehungsweise Herrn Gülde: Laut der Johns Hopkins University sind die Todeszahlen in Schweden umgerechnet nicht höher als in Deutschland. Beobachten Sie das? Wie erklären Sie sich das? Welche Auswirkungen hat das auf die Politik? Kritiker sagen, das würde die deutsche Politik infrage stellen.

SRS’in Demmer: Wir beobachten selbstverständlich die Auswirkungen der globalen Pandemie kontinuierlich, auch weltweit. Zu den Details würde ich an Herrn Gülde verweisen. Die Ihrer Frage zugrunde liegende Analyse teile ich so natürlich nicht.

Gülde: Ich kann das nur bestätigen: Wir haben natürlich die weltweite Infektionslage im Blick. Dazu gehören auch die Inzidenzen und die Todeszahlen. Rückschlüsse aus dem schwedischen Modell sind mir derzeit, ehrlich gesagt, nicht bekannt. Gegebenenfalls müsste ich das nachreichen.

Frage: Herr Helmbold, zum Thema Indo-Pazifik. Es gibt seit geraumer Zeit diverse Medienberichte darüber und inzwischen auch ein paar mehr Details. Ich wollte fragen, was Sie zu den Details sagen können. Zum Beispiel wird jetzt berichtet, dass die Fregatte „Hamburg“ von August bis Februar für den Einsatz im Indo-Pazifik vorgesehen ist. Es heißt, dass sie durch den Suezkanal fährt, dass sie am Horn von Afrika an der Mission Atalanta teilnimmt, dass sie vor Nordkorea die Sanktionen mit durchsetzen oder verfolgen soll und auf dem Rückweg auch durch das Südchinesische Meer fahren soll. Ich würde gerne wissen, was Sie an konkreten Dingen dazu jetzt sagen können.

Helmbold: Erst einmal vielen Dank für die Frage. – Zum Kontext: Das Ganze findet im Kontext der Indo-Pazifik-Leitlinien der Bundesregierung statt, die am 2. September 2020 beschlossen wurden. Damit bekräftigt die Bundesregierung vor allem ihren Willen, sich noch stärker als gestaltender Akteur in der Region einzusetzen.

Wofür treten wir vor allem ein? Vor allem für die Freiheit der Seewege und die regelbasierte internationale Ordnung und damit für Multilateralismus und eine regelbasierte Ordnung mit Partnern.

Was die Dinge angeht, die Sie erwähnt haben: Ich kann bestätigen, dass es Planungen gibt. Die von Ihnen genannte Einheit kann ich nicht bestätigen.

Zum Zeitraum: Wir gehen tatsächlich davon aus, dass das Schiff Anfang August Wilhelmshaven verlassen und Ende Februar 2022 zurückkehren wird. Das stimmt, wenn ich Sie richtig verstanden habe, überein.

Außerdem können wir bestätigen, dass es Planungen dazu gibt. Die Route wird voraussichtlich am indischen Subkontinent durch die Straße von Malaka in Richtung Australien vorbei und von dort aus nach Ostasien zur koreanischen Halbinsel und schließlich wieder durch das Südchinesische Meer führen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Außenministerium. Marokko hat die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland eingefroren, gekappt. Gibt es dazu von Ihnen eine Stellungnahme?

Burger: Die Beschreibung, die Sie gerade gewählt haben, würde ich mir so nicht zu eigen machen und nicht von einer „Kappung“, von einem Stopp der diplomatischen Beziehungen sprechen. Es ist vielmehr so, dass wir gestern die marokkanische Botschafterin zu einem dringenden Gespräch mit dem Staatssekretär in das Auswärtige Amt geladen und um Erläuterung der Vorgänge gebeten haben, die aus Marokko berichtet wurden.

Aus unserer Sicht gibt es keinen Grund für eine Beeinträchtigung der diplomatischen Beziehungen. Deutschland und Marokko arbeiten seit Jahrzehnten in vielen Bereichen eng zusammen. Das ist aus unserer Sicht auch nach wie vor im Interesse beider Seiten. Insofern hat sich an der deutschen Politik gegenüber Marokko nichts geändert.

Frage: Gab es in diesem Zusammenhang Gespräche zwischen Deutschland und Spanien?

Burger: Davon kann ich an dieser Stelle nicht berichten.

Frage: Wie steht es derzeit um die Beziehungen zu Marokko? Gab es solche Missverständnisse – – – „Missverständnisse“ bezieht sich auf die Begründung der tiefergreifenden Missverständnisse der Botschaft in Rabat. Wie stehen Sie zu dieser Einschätzung aus Marokko?

Burger: Ich möchte auf das verweisen, was ich gerade gesagt habe. Aus unserer Sicht gibt es keinen Grund für eine Beeinträchtigung der Beziehungen. Wir glauben, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Marokko im Interesse beider Seiten ist.

Frage: Die Bundesregierung sieht die Westsahara immer noch als von Marokko besetzt an. Korrekt?

Burger: Unsere Haltung zur Westsahara ist unverändert und wird auch so bleiben. Nach unserer Rechtsauffassung – und auch der der Vereinten Nationen – ist der Status der Westsahara ungeklärt. Dies abschließend zu definieren ist Gegenstand eines Verhandlungsprozesses unter Ägide der Vereinten Nationen.

Frage: Eine Frage zum Thema Lobbyregister. Die Koalition hat sich darauf geeinigt, für die Bundesregierung einen sogenannten exekutiven Fußabdruck nicht gesetzlich zu regeln. Es liegt jetzt an der Freiwilligkeit der Regierung. Wird die Bundesregierung bis zum Ende dieser Legislaturperiode einen solchen Fußabdruck einführen? Warum weigert sich die Bundesregierung, hier für mehr Transparenz zu sorgen?

Alter: Ich kann dazu Stellung nehmen. Das Bundesinnenministerium begrüßt, dass es zwischen den Koalitionsfraktionen zu diesem wichtigen Vorhaben eine Einigung gibt. Wir gehen davon aus, dass das Lobbyregistergesetz zeitnah verabschiedet werden kann. Das ist ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen. Das BMI hatte in diesem Prozess die Formulierungshilfe erarbeitet, die die Interessenvertretung gegenüber der Bundesregierung im Gleichklang mit der Interessenvertretung des Bundestages regelt. Das heißt, auch Kontakte zur Bundesregierung führen unter den im Gesetz festgelegten Voraussetzungen dazu, dass sich Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter im Lobbyregister eintragen müssen. Streitig war bis zum Schluss, bis zu welcher Verwaltungsebene Kontaktaufnahmen für die Eintragungspflicht relevant sind.

Frage: Gibt es inzwischen eine Haltung zu den israelischen Impfstoffboni an Länder, die Jerusalem als Hauptstadt anerkannt haben, bei gleichzeitiger Verweigerung, ausreichend Impfstoff in die von Israel besetzten Gebiete zu liefern? Das Verhältnis soll bei 100 000 Impfdosen zu etwa 3000 liegen.

Burger: Das war hier in der Vergangenheit schon Thema. Ich habe, was die Beurteilung oder die Einschätzung der israelischen Politik angeht, keinen neuen Stand mitzuteilen.

Ich kann für Deutschland sagen, dass wir uns als größter Geber bei der globalen Verteilung von Impfstoffen über die Fazilität COVAX mit einem Beitrag von insgesamt 2,1 Milliarden Euro über Gavi intensiv engagieren. Das hat in den letzten Tagen sehr intensiv begonnen. Sie haben die ersten Auslieferungen von Impfstoff in verschiedene Länder, insbesondere in Afrika, gesehen. In Ghana und in der Elfenbeinküste ist am Montag mit den ersten Impfungen begonnen worden. Das begrüßen wir natürlich sehr. Inzwischen wurden auch Kenia, Nigeria, die Demokratische Republik Kongo und Kolumbien beliefert. Im Fall der Demokratischen Republik Kongo geht es um Lieferungen in einer Größenordnung von bis zu 3,94 Millionen Dosen. Insgesamt sollen über COVAX in den Wochen bis zum Ende des Monats Mai 142 Staaten mit 238 Millionen Dosen Impfstoff beliefert werden. Darunter befinden sich 98 Entwicklungsländer, die die Dosen ohne Zuzahlung oder nur mit geringer Zuzahlung erhalten.

Wie gesagt, Deutschland ist der größte Geber der Fazilität COVAX. Über die Fazilität COVAX werden insbesondere auch die Palästinensischen Gebiete beliefert.

Frage: Die Formulierung des Kollegen Nehls deutet ja daraufhin, dass es noch keine explizite deutsche oder AA-Position zum Impfverhalten gab. Deswegen frage ich noch einmal: Herr Burger, ist aus deutscher Sicht die israelische Regierung verpflichtet, im Rahmen einer Fürsorgepflicht auch den Impfstoff den Menschen, die in den besetzten Gebieten leben, zukommen zu lassen und diese damit zu versorgen?

Burger: Genau diese Frage hat Ihr Kollege letzte Woche Frau Adebahr gestellt. Die Frage ist beantwortet worden.

Zusatzfrage: War die Antwort ein Ja?

Burger: Die können Sie nachlesen.

Frage: Wenn in den Corona-Bestimmungen von „Kindern bis 14 Jahren“ die Rede ist, gilt das für Kinder bis oder einschließlich 14 Jahren?

Gülde: Um welche Bestimmung geht es?

SRS’in Demmer: Ich glaube, es geht um den Beschluss, der heute zu fassen ist. Dem können wir jetzt nicht vorgreifen.

Vorsitzender Wolf: Aber die Grenze von 14 Jahren ist ja bisher auch in den Bestimmungen mit aufgenommen worden, soweit ich weiß. Gilt das einschließlich für 14-Jährige oder nicht?

Gülde: Meines Wissens ja. Ich reiche das aber gerne nach.

Frage: Frau Demmer hat einen Teil einer Frage nicht ganz beantwortet, wenn ich das richtig verstanden habe. Ich will auf den Begriff „Notbremse“ hinaus. Wenn es jetzt über Öffnungen diskutiert wird, wie wichtig ist es dann der Kanzlerin, dass im gleichen Atemzug oder im gleichen Schritt auch über Notbremsen gesprochen wird, das heißt über eine automatische Rückkehr zu Lockdownschritten?

SRS’in Demmer: Ich kann, wie schon gesagt, den Ergebnissen der Beratungen, die in wenigen Minuten beginnen werden, nicht vorgreifen. Aber selbstverständlich werden wir alle Entwicklungen immer im Blick behalten müssen. Deswegen war immer das Ziel – darüber haben wir hier schon oft gesprochen -, Öffnungsschritte 14 Tage zu beobachten, um zu gucken, welche Auswirkungen sie haben. Die 14 Tage sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern das ist der Zeitraum, in dem man beobachten kann, welche Auswirkungen das durch die lange Inkubationszeit und dergleichen hat. Selbstverständlich wird man Mechanismen berücksichtigen müssen, die eine solche Entwicklung immer im Blick behalten.

Frage: Herr Gülde, es geht um die Impfverordnung. Es gab ein bisschen Unklarheit, was die Einbeziehung der Hausärzte angeht. Sie sollen im April flächendeckend einbezogen werden. Schon in der zweiten Märzwoche werden einige Hausärzte einbezogen. Vielleicht können Sie uns eine Größenordnung nennen. Sind das dann nur wenige hundert oder ein paar tausend? Wie viele können denn dann wirklich mit den Impfungen anfangen?

Gülde: Ich kann Ihnen noch keine abschließende Zahl nennen. Im Rahmen eines Modellprojekts werden einige Hausärzte in die Impfversorgung jetzt schon ab Mitte März mit einbezogen werden. Ab April – das hat ja der Minister angekündigt – wollen wir, wenn genügend Impfstoff da ist, um die Hausarztpraxen zu versorgen, entsprechend in die Fläche gehen.

Wie gesagt, die Impfverordnung selbst bleibt noch abzuwarten. Ich denke, dann werden wir auch über Zahlengrößen Auskunft geben können.

Zusatzfrage: Sie können nicht sagen, was „Modell“ in dem Fall heißt? Hintergrund der Frage ist natürlich, dass einige Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern längst Hausärzte einsetzen.

Gülde: Genau. Die Bundesländer können tatsächlich in eigener Zuständigkeit regeln, dass sie Hausarztpraxen in der Versorgung zulassen. Grundsätzlich ist dabei immer noch die Impfstoffmenge zu berücksichtigen, die die Länder zur Verfügung gestellt bekommen, und die Frage, ob eine Impfpriorisierung so, wie sie derzeit in den Impfzentren erfolgt, auch in den Arztpraxen flächendeckend durchzuhalten ist. Insofern gehen wir jetzt nicht davon aus, dass Arztpraxen flächendeckend beliefert werden können, sondern das sind wirklich Modellprojekte, also einzelne Arztpraxen, die in diese Versorgung mit einbezogen werden.

Frage: Herr Alter, eine Nachfrage zum Lobbyregister. Wird die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode freiwillig einen exekutiven Fußabdruck einführen?

Alter: Der sogenannte exekutive Fußabdruck ist nicht Gegenstand der Regelungen, die im Moment zur Diskussion stehen, da im Register die Organisationen und Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter mit Angaben etwa zur Tätigkeit und finanziellen Aufwendungen für die Lobbyarbeit eingetragen werden. Dass dort auch einzelne Kontaktaufnahmen eingetragen werden sollen, wurde bislang von keiner Seite gefordert.

Frage: Was spricht denn eigentlich gegen einen exekutiven Fußabdruck? Was haben Sie denn da zu verstecken?

Alter: Das Lobbyregister ist ja zunächst einmal eine Regelung, die darauf abzielt, auch in diesem Bereich möglichst viel Transparenz herzustellen. Die Regelung, wie sie jetzt beabsichtigt ist, regelt, dass sich Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter registrieren müssen, wenn sie Lobbyarbeit betreiben und mit Führungsebenen der Ministerien innerhalb der Regierung in Kontakt treten. Das ist eine Entwicklung, die das Bundesinnenministerium sehr deutlich begrüßt. Wie eben schon gesagt: Der sogenannte exekutive Fußabdruck wurde von den beteiligten Parteien bislang in keiner Form gefordert und ist deswegen auch nicht Gegenstand der Regelung.

Zusatzfrage: Aber Sie als Ministerium könnten das ja fordern oder das vorantreiben. Warum tun Sie das nicht? Was spricht dagegen?

Alter: Wir haben uns – auch das habe ich eingangs gesagt – an den Regelungen orientiert, die der Deutsche Bundestag für sich getroffen hat. Denn es geht ja darum, dass man zwischen dem Parlament und auch der Regierung Einklang herstellen kann. Da sollte es möglichst identische Regelungen geben.

Frage: Herr Alter, Montag hatten wir bereits darüber gesprochen, dass deutsche Seenotrettungsorganisation „Sea Watch“ berichtet, dass sie mit über 300 Geretteten vor Lampedusa keine Hilfe erhält und sie sich wünscht, dass auch vonseiten der Bundesregierung in irgendeiner Unterstützung gewährt wird. Am Montag konnte Ihr Kollege dazu keine genaue Position benennen. Können Sie uns heute dazu etwas sagen?

Alter: Zunächst einmal ist der Fall ja schon seit dem vergangenen Wochenende im Bundesinnenministerium bekannt. Wir kennen auch die Medienberichte dazu. Auch verschiedene Äußerungen der Organisation selbst haben wir zur Kenntnis genommen. Nach unseren jüngsten Informationen – ich weiß nicht, ob das Auswärtige Amt das bestätigen kann – soll die „Sea-Watch 3“ den Hafen Augusta auf Sizilien anlaufen.

Die grundsätzliche Position unseres Hauses, auch die der gesamten Bundesregierung, hat sich nicht verändert. Wir werden im Rahmen eines europäischen Vorgehens jeweils im Einzelfall prüfen, ob und in welcher Größenordnung wir uns an einer Aufnahme beteiligen. Bislang ist aber ein solches Ersuchen von keiner Partei – weder von dem dortigen Staat noch von der Kommission – an Deutschland herangetragen worden.

Zusatzfrage: Herr Burger?

Burger: Ich kann insoweit bestätigen, dass auch nach unseren Erkenntnisse Italien der „Sea-Watch 3“ einen Hafen zur Ausschiffung zugewiesen hat. Dafür sind wir sehr dankbar.